Politik

Ex-Gesundheits­minister wollen an der Zustimmungslösung zur Organspende festhalten

  • Donnerstag, 15. August 2019
Die früheren Gesundheitsressortchefs Hermann Gröhe (CDU) und Ulla Schmidt (SPD) sind gegen die von Minister Spahn (CDU) gemachten Vorschläge für die Organspende ab. /picture alliance, Wolfgang Kumm
Die früheren Gesundheitsressortchefs Hermann Gröhe (CDU) und Ulla Schmidt (SPD) sind gegen die von Minister Spahn (CDU) gemachten Vorschläge für die Organspende ab. /picture alliance, Wolfgang Kumm

Berlin – Die ehemaligen Bundesgesundheitsminister Ulla Schmidt (SPD) und Hermann Gröhe (CDU) kritisierten heute die Absicht des derzeitigen Ressortchefs Jens Spahn (CDU), eine doppelte Widerspruchslösung bei der Organspende einzuführen.

Nach dem feder­führend von ihm vorgelegten interfraktionellen Entwurf eines „Gesetzes zur Regelung der doppelten Widerspruchslösung im Transplantationsgesetz“ soll jeder als Spender gelten, der sich nicht ausdrücklich gegen eine Organspende ausgesprochen hat. Nach Ansicht der beiden ist dies aber nicht zielführend.

Gemeinsam warben Schmidt und Gröhe stattdessen vor der Presse in Berlin für den frak­tionsübergreifenden Entwurf eines „Gesetzes zur Stärkung der Entscheidungsfreiheit bei der Organspende“ um die Grünen-Vorsitzende Annalena Baerbock, der auf eine bewusste und freiwillige Entscheidung der Menschen und deren ausdrückliche Zustimmung zur Or­ganspende setzt. Beide sind Mitunterzeichner dieses Entwurfs.

„Wir sollten an der Zustimmungslösung festhalten, aber die Bedingungen für die Organ­spende verbessern“, sagte Schmidt. Ihre Erfahrungen als Bundesgesundheitsminister zeig­ten: Zentrale Stelle – „die Wurzel“ – sei das Krankenhaus. Hier müsse die Organisation und Finanzierung der Organspende verbessert werden, so wie es das am 1. April dieses Jahr in Kraft getretene Gesetz zur Stärkung der Organspende vorsehe.

Widerspruchslösung nicht die rich­tige Antwort

„Ich finde es befremdlich, dass sofort mit dem Inkrafttreten dieses Gesetzes die Debatte um die Widerspruchslösung aufkam“, sagte Schmidt. Ergänzt werden könnten die Struk­tur­­verbesserungen in den Krankenhäusern durch Maßnahmen, die helfen, die Lücke zwischen Spendebereitschaft und den tatsächlichen Spenden zu schließen.

Herausragendes Ziel sei es, die Zahl der Organspenden zu erhöhen und den Menschen auf der Warteliste zu helfen, sagte Gröhe. „Die Widerspruchslösung ist aber nicht die rich­tige Antwort.“ Stattdessen sollten alle Bürger regelmäßig zum Thema Organ­spen­de be­fragt werden, etwa beim Abholen der Ausweispapiere. Auch Beratungen durch die Haus­ärzte und ein bundesweites Onlineregister soll es künftig geben.

Es gehe darum, das Vertrauen in die Organspende zu erhöhen und damit die Organspen­de­bereitschaft und Verbindlichkeit zu steigern, erklärte der ehemalige Bundesgesund­heitsminister. Zwar sei es wünschenswert, dass sich alle Bürger mit dem Thema Organ­spende befassten und eine Entscheidung treffen würden. Aber auch wer sich weigere, sich zu ent­scheiden, dürfe nicht sein Selbstbestimmungsrecht verlieren. „Die Wider­spruchs­lösung wäre ein Eingriff ins Selbstbestimmungsrecht – das sollten wir nicht klein reden“, be­tonte Gröhe.

Internationale Studien zeigten zudem keine Unterschiede bezüglich der Anzahl der Or­gan­­spenden durch das Vorliegen einer Widerspruchslösung im Vergleich zur Entschei­dungs­­lösung, erklärte Schmidt. Ausschlaggebend für die hohen Spenderzahlen in ande­ren Ländern seien vor allem klare Zuständigkeiten und Abläufe in den Krankenhäusern sowie ein hohes Vertrauen der Bevölkerung in die Transplantationsmedizin. „Vertrauen schaffen ist das Beste, das man machen kann“, betonte sie.

Im September soll es eine Expertenanhörung zum Thema Organspende im Bundestag geben. Entscheiden wird dieser dann voraussichtlich noch im Herbst darüber, ob künftig die Widerspruchs- oder weiterhin eine Zustimmungslösung gelten soll. Dabei werden die Abgeordneten ohne Fraktionszwang abstimmen.

Der Ausgang ist noch offen: Wie bereits bei der ersten Lesung der beiden konkurrieren­den Gesetzentwürfe am 26. Juni sind noch viele Abgeordnete unentschlossen. Eine Wi­derspruchslösung präferierten nach Angaben des Deutschen Bundestages gut 200 Ab­geordnete, der Entwurf zur Stärkung der Entscheidungsfreiheit hatte knapp 200 Unter­stützer. Nach Informationen des Deutsches Ärzteblattes beträgt auch jetzt die Differenz zwischen beiden Gesetzentwürfen lediglich 30 Stimmen.

ER

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