Ärzteschaft

Ärzte setzen sich für Widerspruchslösung bei der Organspende ein

  • Dienstag, 24. September 2019
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Berlin – Vor der morgigen Expertenanhörung zur Organspende im Gesundheitsausschuss des Bundestags haben Bundesärztekammer (BÄK) und weitere ärztliche Organisationen ihr Plädoyer für einen Systemwechsel hin zur doppelten Widerspruchslösung bekräftigt.

„Die Widerspruchslösung zwingt niemanden dazu, Organe zu spenden. Sie nimmt die Menschen aber in die Pflicht, sich für oder gegen eine Organspende zu entscheiden“, sagte der BÄK-Präsident Klaus Reinhardt. Angesichts der knapp 10.000 schwerkranken Menschen auf der Warteliste sollte das für jeden zumutbar sein.

Diese Regelung strebt eine Abgeordnetengruppe um Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) an. Demnach sollen alle Volljährigen als Organspender gelten. Man soll da­zu aber später Nein sagen können, ansonsten wäre auch noch bei Angehörigen nachzu­fragen.

In ihrer Stellungnahme zur Bundestagsanhörung verweist die BÄK darauf, dass die Or­gan­­spendebereitschaft in der Bevölkerung grundsätzlich sehr hoch sei:  Mehr als 80 Pro­zent der Bürger stünden der Organspende positiv gegenüber. Trotzdem sei seit zehn Jah­ren keine durchschlagend positive Entwicklung der Spenderzahlen zu verzeichnen.

Dieses Problem müsse durch viele verschiedene Maßnahmen angegangen werden. „Eine wesentliche Steuerungsmaßnahme ist die Einführung der in fast allen europäischen Län­dern üblichen Widerspruchslösung“, heißt es in der BÄK-Stellungnahme. Die derzeit im Transplantationsgesetz geregelte Entscheidungslösung habe sich dagegen als untauglich erwiesen, so die BÄK.

Ähnlich äußerte sich die Sächsische Landesärztekammer. „In unserer Gesellschaft gibt es also nach wie vor und entgegen einiger Einzelmeinungen eine große Bereitschaft, fürei­nander einzustehen. Diese Bereitschaft sollten wir wertschätzen und deshalb sollten wir in Deutschland, so wie in vielen anderen europäischen Ländern, die Widerspruchslösung einführen“, sagte deren Präsident Erik Bodendieck.

Kirchen haben Bedenken

Die Kirchen melden indes „erhebliche rechtliche und ethische Bedenken“ gegen eine Wi­derspruchslösung an und unterstützen einen anderen Vorschlag einer Gruppe um Grünen-Chefin Annalena Baerbock. Dieser sehe „behutsame Modifikationen“ im System vor, erklä­rten evangelische und katholische Kirche. Sie seien geeignet, „das Vertrauen in die Or­gan­spende zu erhöhen und Menschen zu befähigen, eine informierte Entscheidung zu treffen“.

Der Entwurf schlägt vor, alle Bürger mindestens alle zehn Jahre beim Ausweisabholen auf das Thema Organspende anzusprechen. Dazu soll ein bundesweites Onlineregister gehö­ren, in dem man seine Entscheidung für oder gegen eine Spende eintragen und ändern kann. Zudem sollen Hausärzte bei Bedarf alle zwei Jahre informieren.

Die Deutsche Stiftung Organtransplantation (DSO) gibt zu bedenken, dass bei dieser Vor­gehensweise eine mehrjährige Umsetzungszeit zu erwarten sei. Eine von Gesellschaft und Politik getragene Widerspruchslösung gäbe „ein klares Signal an die Bevölkerung im Hinblick auf die Organspende“.

Dafür spricht sich auch die Stiftung Eurotransplant aus, die für die Zuteilung von Spen­der­organen in acht europäischen Ländern zuständig ist. Die Einführung der Wider­spruchs­lösung sei nötig „zum Erhalt der Solidarität“ im Verbund. Ab kommendem Jahr hätten alle Eurotransplant-Länder außer Deutschland diese Regelung.

Von einem „struktureller Informationsmangel“ zur Organspende in der Bevölkerung spricht die Bundesvertretung der Medizinstudierenden in Deutschland (bvmd). Sie for­dert, Organ- und Gewebespende sowie Transplantationsmedizin müssten in die Curricula der Gesundheitsfachberufe und Medizinstudierenden, sowie in die Ärztliche Prüfung integriert werden.

Darüber hinaus müssten Hausärzte bezüglich der Aufklärung über die Organ- und Gewe­bespende und das Transplantationsgesetz organisatorisch und finanziell unterstützt und fortgebildet werden. Zudem sollten die Themenkomplexe Organ- und Gewebespende in die Lehrpläne aller weiterführenden Schulen implementiert werden.

Über die beiden Gesetzentwürfe soll der Bundestag voraussichtlich noch in diesem Jahr in freier Abstimmung entscheiden.

hil/dpa/kna

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