Expertenrat für Stärkung der Gesundheitssicherheit

Berlin – Zum Aspekt der Gesundheitssicherheit als wesentliches Element eines resilienten Gesundheitssystems hat der Expertinnen- und Expertenrat „Gesundheit und Resilienz“ heute eine Stellungnahme vorgelegt. Der Rat identifizierte mehrere „dringliche Handlungsfelder“, die adressiert werden sollten.
Das Risiko für das Eintreten außergewöhnlicher und potenziell schwerwiegender Ereignisse mit negativen Auswirkungen auf die Gesundheit und die Gesundheitsversorgung der Bevölkerung habe sich in den vergangenen Jahren deutlich erhöht, wird in der Stellungnahme betont.
Vor diesem Hintergrund müsse sich Deutschland besser auf die Beherrschung von Gefährdungslagen infolge von beispielsweise Umweltkatastrophen oder Großschadenslagen durch militärische Auseinandersetzungen oder terroristische Anschläge vorbereiten.
Der Rat weist darauf hin, dass solche Gefährdungslagen zu großflächigen und langdauernden Einschränkungen der Strom- und Wasserversorgung oder der IT- und Kommunikationsinfrastruktur des Gesundheitswesens führen könnten.
Dies zeige, dass zur Stärkung der Gesundheitssicherheit grundsätzlich multidisziplinäre Maßnahmen und Interventionen bereits auf Ebene der Planung und Vorbereitung erforderlich seien. Ferner sei die Sicherstellung eines raschen Datenzugangs für Echtzeitanalysen und prädiktive Modellierungen „essenziell“.
Eine möglichst hohe Gesundheitssicherheit beruhe im Wesentlichen auf einer effektiven Koordination und Zusammenarbeit verschiedener Sektoren und Zuständigkeitsbereiche. Dies betreffe auch das Zusammenwirken von zivilen Gesundheitsstrukturen und den Sicherheitsbehörden, inklusive des Militärs, sowie das Zusammenspiel öffentlicher und privater Institutionen.
Allerdings, so stellen die Fachleute fest, fallen die beteiligten Akteure und Strukturen oftmals in unterschiedliche Hoheitsbereiche von Bund, Ländern und Kommunen. Zwischen dem zivilen Gesundheitssektor und den Sicherheitsbehörden, insbesondere dem Militär, bestehe in Deutschland eine bewusste verfassungsrechtliche, gesellschaftlich akzeptierte Trennung.
Dies führe neben „getrennten Zuständigkeiten und unzureichender Kooperation zu Redundanzen und Fragmentierung von Fähigkeiten und Ressourcen“. Erforderlich sei jedoch ein organisiertes, abgestimmtes Zusammenspiel aller Sektoren. Angesichts von „Desinformationskampagnen und Spaltungstendenzen“ sei zudem eine verbesserte Risikokommunikation von zentraler Relevanz – so solle die Teilhabe, Kenntnis und Kompetenz der Bevölkerung erhöht werden.
Insgesamt sollte eine Stärkung der Gesundheitsversorgung auch aus sicherheitsstrategischer Perspektive erfolgen. Der Rat schlägt die Entwicklung eines integrierten Health-Security-Konzeptes in Form eines Nationalen Aktionsplans vor. Dies sei aufgrund „aktueller sicherheitspolitischer Entwicklungen und des Anstiegs des Risikos für akute außergewöhnliche Gesundheitsgefährdungen“ dringend geboten.
Konkrete Handlungsfelder lägen insbesondere in einer verbesserten Koordination, Kommunikation und Kooperation von unterschiedlichen Strukturen und Akteuren von Bund, Ländern und Kommunen aus dem zivilen und militärischen Sektor beziehungsweise den Sicherheitsbehörden. Hinsichtlich der Zuweisung klarer Zuständigkeiten und Erarbeitung gemeinsamer Konzepte bestehe erheblicher Regelungsbedarf.
Kooperation, Koordination und Kommunikation von Akteuren und Strukturen müssten regelmäßig trainiert und mit entsprechenden Ressourcen sowie einer relevanten Vorhaltung ausgestattet werden, so der Rat.
Zum Hintergrund: Während der Coronapandemie hat der Coronaexpertenrat wissenschaftliche Expertise geliefert, auf deren Grundlage politische Entscheidungen getroffen wurden. Um auch auf zukünftige Herausforderungen bestmöglich vorbereitet zu sein, hat das Bundeskanzleramt als Nachfolgegremium den Expertenrat „Gesundheit und Resilienz“ eingerichtet. Bundeskanzler Olaf Scholz begrüßte die Mitglieder Mitte März 2024 zur konstituierenden Sitzung im Kanzleramt.
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