Politik

Finanzreserven der Kassen steigen weiter an

  • Donnerstag, 8. Juni 2017
/Stockfotos-MG, stock.adobe.com
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Berlin – Die gute wirtschaftliche Lage hat den Krankenkassen auch im ersten Quartal dieses Jahres einen deutlichen Überschuss eingebracht. Sie nahmen von Januar bis März 620 Millionen Euro mehr ein, als sie ausgaben. Das sind gut 200 Millionen Euro mehr als in den ersten drei Monaten des Vorjahres, wie die Frankfurter Allgemeine Zeitung (FAZ) heute berichtete. Offiziell hat das Bundesgesundheitsministerium die Zahlen noch nicht veröffentlicht. Dies wird voraussichtlich in den kommenden Tagen erfolgen.

Die Rücklagen der Krankenkassen steigen nach Angaben der FAZ auf einen Rekordwert von 16,5 Milliarden Euro. Die Reserve des Gesundheitsfonds lag Ende 2016 bei 9,1 Milliarden Euro. Allerdings hatte Gesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) den Kassen im Wahljahr zusätzlich 1,5 Milliarden Euro aus dem Gesundheitsfonds zugesichert.

Unterschiedliche Ergebnisse der Kassenarten

Die Finanzentwicklung der einzelnen Kassen ist allerdings unterschiedlich. So konnten im Jahresvergleich die Allgemeinen Ortskrankenkassen (AOK) ihren Überschuss von 72 auf 361 Millionen Euro ausbauen, wogegen der Quartalsüberschuss der Ersatzkassen, zu denen unter anderem die Barmer, Techniker Krankenkasse und DAK Gesundheit gehören, im Jahresvergleich von 206 auf 155 Millionen Euro sank. AOK und Ersatz­kassen versichern zusammen mehr als zwei Drittel der Versicherten.

Auch bei den Betriebskrankenkassen reduzierte sich der Überschuss im Jahresvergleich demnach von 38 Millionen auf 30 Millionen Euro, die Innungskassen halbierten ihren Überschuss auf 17 Millionen Euro, die Knappschaft konnte ihre Reserven mit 58 Millio­nen Euro leicht ausbauen.

Gutachten im Herbst

Während die AOK ihr striktes Kosten- und Vertragsmanagement als Grund für die gute Entwicklung nannten, beklagten die Ersatzkassen gegenüber der FAZ Fehlsteuerungen durch den Finanzausgleich der Kassen. Wegen der wachsenden Kritik hat Bundes­gesund­heitsminister Hermann Gröhe (CDU) ein Gutachten zu Reformnotwendigkeiten des Finanzausgleichs in Auftrag gegeben, das im Herbst vorliegen soll.

Gröhe dürften die anhaltenden Überschusssteigerungen der Krankenkassen gerade im Wahljahr entgegenkommen, zumal der GKV-Spitzenverband zuletzt von deutlich schlech­­te­ren Zahlen ausgegangen war. Die befürchteten Beitragsanhebungen im Wahljahr 2017 könnten damit weitgehend erledigt sein.

„Der Alarmismus so mancher vermeintlicher Experten hat sich nicht bewahrheitet“,s agte Gröhe den Ruhr Nachrichten. Die Mehrbelastungen für die Versicherten hielten sich in Grenzen. „Der durchschnittliche Zusatzbeitrag der Krankenkassen ist in den letzten vier Jahren moderat um insgesamt 0,2 Prozentpunkte gestiegen. Bei einem monatlichen Einkommen von 3.000 Euro brutto sind das gerade mal 6 Euro mehr – bei deutlichen Leistungsverbesserungen für alle Versicherten.“

Die GKV profitiert wie die anderen Sozialversicherungen von der günstigen Lohn- und Beschäftigungsentwicklung. Auch die hohen Rentensteigerungen und der Anstieg des Bundeszuschusses hätten die Einnahmen begünstigt, hieß es im März bei der Jahres­bilanz 2016. Je Versicherten gab es 2016 einen Ausgabenanstieg von 3,3 Prozent, dies war der niedrigste seit 2012.

Zi: Gute Finanzlage für Strukturumbau nutzen

Das Zentralinstitut für die kassenärztliche Versorgung (Zi) forderte die nächste Bundes­regierung angesichts der Zahlen auf, die Überschüsse zu nutzen, um „die ambulante Versorgung in der Zukunft zu stärken“. Zi-Geschäftsführer Dominik Graf von Stillfried verwies darauf, dass ab Mitte der nächsten Legislaturperiode die Ruhestandswelle der Babyboom-Generationen beginnt und bis etwa 2030 andauern wird. Hierdurch werde sich das Verhältnis zwischen Beitragszahlern und Patienten nachhaltig verändern, sagte er.

Bereits vor fünf Jahren hat der Sachverständigenrat im Gesundheitswesen darauf hingewiesen, dass die finanziellen Belastungen durch die demografische Entwicklung geringer ausfallen, wenn vermeidbare Krankenhausaufnahmen konsequent verhindert würden. „Es ist wissenschaftlich erwiesen, dass eine verbesserte ambulante Versor­gungs­struktur Krankenhausbehandlungen nachhaltig reduzieren kann – und das bei mindestens gleichbleibender Versorgungsqualität für die Patienten“, so von Stillfried. Ihm zufolge müsse die Politik den Mut finden, den erforderlichen Strukturwandel einzuleiten.

afp/dpa

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