Gesetzliche Krankenversicherung: Wirtschaftsforscher rechnen mit Milliardendefizit

Köln – Die gesetzliche Krankenversicherung (GKV) muss Ende 2017 mit einem Defizit von bis zu zwei Milliarden Euro rechnen. Im kommenden Jahr drohe sich das Defizit auf mehr als fünf Milliarden Euro fast zu verdreifachen. Diese Zahlen nennt das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (IW) in seiner gestern publizierten IW-Konjunkturprognose Frühjahr 2017.
Deutliche Überschüsse liefert aus Sicht des IW dagegen die soziale Pflegeversicherung mit rund vier Milliarden Euro im Jahr 2017 und drei Milliarden Euro im Jahr 2018. Allerdings bleibe bei diesem prognostizierten Ergebnis offen, „in welchem Umfang und über welchen Zeitraum sich der Bestandsschutz zugunsten der aktuell Pflegebedürftigen bei der Umstellung von drei Pflegestufen auf fünf Pflegegrade auf der Ausgabenseite niederschlagen wird“, heißt es.
Zu dem Plus im Prognosezeitraum für die Pflegeversicherung trage zum einen die Anhebung des Beitragssatzes um 0,2 Punkte auf 2,55 Prozent zum Jahreswechsel 2016 / 2017 bei. Zum anderen sorgten die weiter positive Entwicklung der sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung und die Steigerung der beitragspflichtigen Entgelte für wachsende Beitragseinnahmen. Auf der Gegenseite stünden aber stark wachsende Ausgaben des Staates, schreibt das IW.
Angesichts der bevorstehenden Bundestagswahl stehe die Prognose für das Jahr 2018
unter der Annahme, dass für die gesetzlichen Sozialversicherungen keine zusätzlichen
Leistungsversprechen gegeben würden, die im nächsten Jahr eine außerordentliche
Ausgabenentwicklung erwarten ließen, heißt es weiter.
Das Bundesgesundheitsministerium (BMG) hatte in der Vergangenheit immer wieder vor Schätzungen und Hochrechnungen gewarnt. Auf Anfrage des Deutschen Ärzteblattes hieß es auch jetzt aus dem Ministerium, seriöse Aussagen zur Finanzentwicklung der Krankenkassen im Jahr 2017 seien erst nach Vorliegen der Zahlen des Schätzerkreises Ende Oktober möglich. Ein Sprecher verwies darauf, dass die gesetzliche Krankenversicherung mit Finanz-Reserven von 25 Milliarden Euro – Gesundheitsfonds und Krankenkassen (15,9 Milliarden Euro) – finanziell auf einer guten Grundlage stehe.
Notwendige Leistungsverbesserungen wie die Stärkung der Stationspflege, der Krankenhaushygiene sowie die Verbesserungen bei der Hospiz- und Palliativversorgung seien „mit Augenmaß geschehen und im Interesse aller Versicherten“, erklärte ein BMG-Sprecher. Zudem würden Strukturverbesserungen zum Beispiel bei den Krankenhäusern und durch das Präventionsgesetz zur nachhaltigen Finanzierbarkeit der Gesundheitsversorgung beitragen.
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