Ärzteschaft

Frauenärzte gegen Werbeverbot für Schwangerschafts­abbrüche

  • Freitag, 16. Februar 2018
/viappy, stockadobecom
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Berlin – Der Berufsverband der Frauenärzte (BVF) hat sich für die Aufhebung des Paragrafen 219a Strafgesetzbuch ausgesprochen. Der Paragraf verbietet „Werbung für den Abbruch der Schwangerschaft“. Dem BVF zufolge müsse ein freier Bürger in einem Rechtsstaat jederzeit freien Zugang zu allen für ihn relevanten Informationen haben. Dazu gehörten auch ärztliche Informationen über medizinische Untersuchungs- und Behandlungsverfahren.

Bei Frauen schließe dieses Recht ein, Informationen über die rechtlichen Rahmen­bedingungen und die medizinischen Belange eines Schwangerschaftsabbruchs ohne Einschränkung oder Hindernisse zu erlangen, so der Berufsverband. Er forderte deshalb: „Sachgerechte medizinische Information darf nicht unter Strafe stehen.“

DEGAM stützt BVF

Die Deutsche Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin (DEGAM) unterstützt die Position des BVF, wie aus einer jetzt verabschiedeten Erklärung hervorgeht. Die Fachgesellschaft fordert demnach die politischen Entscheidungsträger auf dafür zu sorgen, „dass die sachliche Information über die Tatsache, dass Schwangerschaftsabbrüche durchgeführt werden, nicht mehr strafbewehrt ist“. „Ärztinnen und Ärzte sowie medizinische Einrichtungen, die Abbrüche durchführen und darüber informieren, dürfen nicht weiter kriminalisiert werden“, heißt es weiter.

Die DEGAM betont in dem Papier zudem, es müsse im Zeitalter des Internets möglich sein, „dass Betroffene neutrale, seriöse Informationen zum Schwangerschaftsabbruch, den verschiedenen Methoden und Risiken“ auf den Seiten der Arztpraxen und Institutionen, die Abbrüche vornehmen, einsehen könnten. Die Fachgesellschaft fordert darüber hinaus, dass Gesundheitsbehörden und Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung Listen ausführender Arztpraxen und Institutionen veröffentlichen.

Hintergrund der Positionierung von BVF und DEGAM ist die Verurteilung der Gießener Ärztin Kristina Hänel wegen unerlaubter Werbung für Schwangerschaftsabbrüche auf ihrer Webseite zu einer Geldstrafe. Dagegen hat sie mittlerweile Rechtsmittel eingelegt, sodass sich die nächste Instanz mit dem Sachverhalt beschäftigen muss. Der Fall hatte hitzige Debatten zwischen Unterstützern der Ärztin, Frauenrechtlerinnen sowie Abtreibungsgegnern ausgelöst.

Hänel hatte zuletzt eine Petition mit mehr als 150.000 Unterstützern für Änderungen im Abtreibungsrecht an Bundestagsabgeordnete überreicht. Für eine Abschaffung des Paragrafen 219a Strafgesetzbuch haben sich mittlerweile SPD, Linke und Grüne im Bundestag ausgesprochen. CDU und CSU sind dagegen. Die FDP plädiert für Änderungen.

Unterdessen sind in Hessen zwei weitere Frauenärztinnen wegen der Werbung für Schwangerschaftsabbrüche angezeigt worden. Es lägen Anzeigen gegen Gynäkolo­ginnen aus Kassel vor, bestätigte ein Sprecher der Staatsanwaltschaft heute. Die Frauen sollen auf ihrer Internetseite Schwangerschaftsabbruch als medizinische Leistung angegeben haben. Gegen sie werde wegen des Verstoßes gegen Paragraf 219a des Strafgesetzbuchs ermittelt, hieß es. Das Gesetz verbietet unter anderem, wegen eines Vermögensvorteils Dienste für einen Schwangerschaftsabbruch zu bewerben.

hil/sb/dpa

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