Vermischtes

Friedrich-Loeffler-Ins­titut plant H5N1-Studie mit Kühen auf Insel Riems

  • Mittwoch, 15. Mai 2024
/picture alliance, BSIP, CAVALLINI JAMES
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Riems – Angesichts der ungewöhnlichen H5N1-Infektionen bei Milchkühen in den USA wollen Forscher am Friedrich-Loeffler-Institut (FLI) auf der Ostsee-Insel Riems bei Greifswald Kühe mit dem Erreger infizieren. Die geplante Infektionsstudie soll unter hohen Sicherheitsvorkehrungen in einem Tierversuchsstall der vorge­schriebenen Biosicherheitsstufe 3 ablaufen, wie das FLI erläuterte.

Für den Versuch sind fünf Kühe und zwei Kontrolltiere vorgesehen. Er solle helfen, den Infektionsweg und die Vermehrung der Viren im Euter besser zu verstehen, sagte Martin Beer, Leiter des FLI-Instituts für Virusdiag­nos­tik dem NDR.

Milchgebende Rinder sollen demnach im Hochsicherheitsbereich infiziert werden. „Wir werden das Euter in­fizieren mit einem der Viren aus USA und wir wollen das auch vergleichen mit ähnlichen Viren aus Europa“, sagte Beer dem Sender.

Man wolle beispielsweise herausfinden, ob das Virus in der Nase ankomme, wie viel davon ausgeschieden werde und wann die Rinder Antikörper produzierten.

Das Euter wird in den USA als ein möglicher Infektionsweg vermutet. Wie das Virus die Kühe dort genau in­fiziert hat, ist noch unbekannt – und ebenso, wie die Übertragungen von Kuh zu Kuh geschehen. Experten vermuten etwa über Melkmaschinen oder die Luft.

Wann die Versuche auf der Insel Riems konkret starten, war zunächst noch nicht klar. Es laufen auch noch Abstimmungen mit Einrichtungen in den USA und Kanada, um mögliche Doppelarbeit zu vermeiden.

FLI: Brauchen dringend mehr Daten aus kontrollierten Bedingungen

Hintergrund der Studie sind vor allem das wissenschaftliche Interesse und weltweit fehlende Informationen zur Pathogenese, wie eine FLI-Sprecherin erklärte. Rinder hätten bisher als wenig empfänglich für Influenza-A-Viren gegolten und diese Viren zirkulierten auch nicht in Rindern.

„Zudem ist das Euter als Organ einer Vermehrung von Influenza-A-Viren bisher noch nie in Erscheinung getre­ten. Daher sind dringend mehr Daten aus kontrollierten Bedingungen notwendig“, hieß es weiter aus dem Bun­desforschungsinstitut für Tiergesundheit.

Nach FLI-Angaben verfügen nur sehr wenige Forschungsinstitute über Ställe, die für derartige Studien geeig­net wären. Das Gebäude werde so betrieben, dass keine Erreger entweichen können, weder über Abluft noch Abwasser. Die Menschen, die den Versuch durchführen, trügen eine besondere persönliche Schutzausrüstung.

Das seit Ende März aus den USA gemeldete Infektionsgeschehen betrifft dutzende Betriebe in mehreren Bun­desstaaten. Vor allem in Milchproben erkrankter Rinder wurden zum Teil sehr hohe Viruslasten nachgewiesen, Fragmente fanden sich aber auch in Supermarktmilch. Diese erwiesen sich laut US-Behörden als nicht als infektiös.

Hierzulande bisher keine Hinweise auf ähnliches Geschehen wie in USA

Das FLI teste in Deutschland bereits Serumproben von Rindern – bisher mit allesamt negativen Ergebnissen, wie das Institut mitteilte. Weitere Untersuchungen sollen demnach folgen, auch von Tankmilchproben.

„Bisher haben wir keine Hinweise auf ein ähnliches Geschehen wie in den USA“, teilte eine Institutssprecherin mit. Die Untersuchungen dienten der Testetablierung und -validierung, außerdem dem vorsorglichen Monito­ring zum Ausschluss einer H5N1-Zirkulation.

Das Risiko für einen Eintrag des US-amerikanischen H5N1-Stammes (Genotyp B3.13) in deutsche Rinderbe­stände schätzt das FLI derzeit als sehr gering ein. Den vorliegenden Handelsdaten zufolge würden weder Rohmilch noch lebende Rinder aus den USA nach Deutschland importiert.

„Auch die Möglichkeit einer sich ausbreitenden Infektion von Rindern mit in Europa vorkommenden HPAVI H5 Viren wird für Deutschland als sehr gering eingeschätzt“, so das Bundesinstitut.

Weitere Untersuchungen laufen auch noch in den USA

Auch in USA laufen noch weitergehende Untersuchungen, unter anderem um Kriterien für die Pasteurisierung in Hinblick auf H5N1 weiter zu validieren.

Außerdem kündigte die US-Behörde FDA zusätzliche acht Millionen Dollar an, mit denen laufende Maßnah­men unterstützt werden sollen, um die Sicherheit der Milchversorgung zu gewährleisten.

Mit den Geldern sollen unter anderem Überwachungsmaßnahmen an verschiedenen Stellen des Milchpro­duk­tionssystems durchgeführt und Laborkapazitäten ausgebaut werden. Auch zu Forschungszwecken könnten die Mittel genutzt werden.

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hält die von der Vogelgrippe bei Kühen ausgehende Gefahr für Menschen derzeit noch für gering, mahnt aber alle Staaten zu erhöhter Aufmerksamkeit für mögliche In­fektionen. Wissenschaftler befürchten, dass sich das hochpathogene Virus weiter verändern und mehr Tierarten sowie auch den Menschen erfassen könnte.

In den USA ist im Zusammenhang mit den Fällen bei Rindern bisher nur ein Fall einer H5N1-Infektion bei einem Menschen registriert worden. Es gibt allerdings anekdotische Berichte über Krankheitsanzeichen bei weiteren Menschen auf betroffenen Farmen.

Wie das Portal Politico kürzlich berichtete, stößt die nationale US-Gesundheitsbehörde, Centers for Disease Prevention and Control (CDC), in betroffenen Staaten auf Widerstände beim Versuch, vor Ort weitere Nachfor­schungen zu den Ausbrüchen zu betreiben. Auch wurde schon mehrfach über Widerwillen von Farmern be­richtet, Bundesbeamte auf ihr Land zu lassen. Einer der Gründe dafür soll die Beschäftigung von Arbeitern ohne Papiere sein.

ggr/dpa

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