G-BA beschließt Regeln für Zweitmeinungen
Berlin – Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) hat die Regeln beschlossen, nach denen Patienten vor elektiven Eingriffen eine unabhängige ärztliche Zweitmeinung einholen können. Den Rechtsanspruch auf eine zweite Meinung haben Patienteninnen und Patienten seit dem Versorgungsstärkungsgesetz aus dem Juli 2015.
Der G-BA hatte in dem Gesetz den Auftrag bekommen, in einer Richtlinie unter anderem zu konkretisieren, für welche planbaren Eingriffe der Anspruch auf eine Zweitmeinung besteht. Künftig sollen die strukturierten Zweitmeinungsverfahren zunächst für Gaumen- und/oder Rachenmandeln (Tonsillektomie, Tonsillotomie) und Gebärmutterentfernungen (Hysterektomien) gelten. Weitere können dazukommen. Die Richtlinie wurde gegen die Stimmen der Deutschen Krankenhausgesellschaft sowie in einigen Punkten gegen die Meinung der Patientenvertretung mit den Voten der Krankenkassen, der Ärzte und der Unparteiischen beschlossen.
Beratung steht im Zentrum
In der Richtlinie wird auch geregelt, über welche weiteren Qualifikationen Ärzte verfügen müssen, die eine Zweitmeinung ausstellen dürfen. Ebenso wurde im Plenum heftig darüber gestritten, welche Aufgaben beispielsweise in der Diagnostik der Zweitmeinungsgeber noch hat. „Im Zentrum des Zweitmeinungsverfahrens steht die ärztliche Beratung der Patientin oder des Patienten über Therapiealternativen. Dies sollte eigentlich schon Thema im Rahmen der Erstmeinung sein“, sagte Regina Klakow-Franck, unparteiisches Mitglied des G-BA und Vorsitzende des zuständigen Unterausschusses Qualitätssicherung, im Anschluss an die Sitzung.
Krankenkassen bieten schon vor dem Gesetz im Jahr 2015 Zweitmeinungen bei elektiven Eingriffen an. „Die neue Richtlinie des G-BA legt fest, welche Ärzte für die Einholung einer Zweitmeinung infrage kommen: Entscheidend ist hierbei die ärztliche Unabhängigkeit von etwaigen wirtschaftlichen Interessen an der Durchführung des Eingriffs.“
Auch über die Feststellung der Unabhängigkeit wurde in der Plenumssitzung heftig gerungen. Hier lagen die Positionen soweit überkreuz, dass G-BA-Vorsitzender Josef Hecken erklärte: „Das Zweitmeinungsverfahren wird um Längen strenger in der Unabhängigkeit der Leistungserbringer, so weit gehen wir ja selbst in unseren Regelungen nicht.“
Die Diskussion hatte sich in der Selbstverwaltung nun fast zwei Jahre hingezogen. Der Abstimmungsprozess über viele streitige Punkte dauerte im heutigen G-BA-Plenum noch einmal über eine Stunde. Hecken und Klakow-Franck forderten die Mitglieder der Selbstverwaltung zu mehr Zusammenarbeit auf.
„Es muss für die Zukunft in den Arbeitsgruppen mehr Kompromissbereitschaft eingebracht werden und weniger Polarisierung auf AG-Ebene geben. Es kann nicht sein, dass jeder seinen Schützengraben bis auf den letzten Meter verteidigt“, mahnte Klakow-Franck. Auch Hecken sieht den Beratungsverlauf kritisch. „Jede Seite nimmt für sich in Anspruch, ganz nah am Gedanken des Gesetzgebers zu sein“, so sei ein „Blutbad in Gelb“ entstanden. Damit spielte er auf die zahlreichen Änderungen im Text-Dokument der Richtlinie an.
Noch nicht als Leistung abrechenbar
Sofern das Bundesministerium für Gesundheit die Richtlinie nicht beanstandet, tritt sie nach Veröffentlichung im Bundesanzeiger in Kraft. Für Patienten stellt der G-BA auf seinen Internetseiten dann ein Merkblatt zur Verfügung, in dem Einzelheiten erläutert werden sollen.
Allerdings kann die Zweitmeinung erst als ambulante Leistung von Ärzten erbracht und abgerechnet sowie von Patienten in Anspruch genommen werden, wenn der Bewertungsausschuss aus Kassenärztlicher Bundesvereinigung (KBV) und GKV-Spitzenverband über die Höher der EBM-Vergütung dazu entschieden hat.
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