Gewalt gegen medizinisches Personal in Konfliktgebieten hat zugenommen

Berlin – In Konfliktgebieten sind im vergangenen Jahr mehr als 2.500 Fälle von Gewalt gegen medizinisches Personal oder Behinderung der Gesundheitsversorgung verzeichnet worden. Dies geht aus einer Mitteilung des British Medical Journal (BMJ) hervor.
Mit den aktuellen Zahlen liegt dem 11. Jahresbericht der Safeguarding Health in Conflict Coalition zufolge ein Anstieg der Gewaltvorfälle um 25 Prozent gegenüber 2022 vor. Dies sei laut Report gleichzeitig der höchste Wert, der seit Beginn der Dokumentation von Angriffen auf die Gesundheitsversorgung verzeichnet wurde.
Demnach waren die besetzten palästinensischen Gebiete mit 761 Angriffen am stärksten betroffen. In Myanmar wurden 418 Vorfälle registriert, in der Ukraine 395, im Sudan 257 und in der Demokratischen Republik Kongo 115 Angriffe.
In Afrika und Haiti ist es nach dem Jahresbericht besonders häufig zu Entführungen des medizinischen Personals gekommen. Verhaftungen und langfristige Inhaftierungen seien in Afghanistan, den besetzten palästinensischen Gebieten, Myanmar, im Sudan und in Syrien ein großes Problem gewesen.
Aus dem Report geht hervor, dass 487 Mitarbeiter des Gesundheitswesens in Konfliktgebieten getötet worden sind, die höchste Fallzahl liege für den Gazastreifen vor. Damit habe sich die Zahl der Tötungen im Vergleich zu 2022 mehr als verdoppelt. 2022 waren 232 Fälle verzeichnet worden, 2021 waren es 161.
Laut Bericht kann allerdings davon ausgegangen werden, dass nicht alle Vorfälle dokumentiert worden sind. Kommunikationsblockaden und eine mangelnde Bereitschaft der Einrichtungen, Daten über Gewaltvorfälle zu teilen, würden die Erhebung der Zahlen behindern.
Die Gesundheitseinrichtungen waren dem Jahresbericht zufolge außerdem von Regierungstruppen und nichtstaatlichen bewaffneten Gruppen bombardiert, besetzt, überfallen oder zerstört worden. Auch seien die Einrichtungen für militärische Zwecke umfunktioniert worden.
„Das Ausmaß der Gewalt gegen die Gesundheitsversorgung hat 2023 ein erschreckendes Ausmaß erreicht“, sagte Leonard Rubenstein, Vorsitzender der Safeguarding Health in Conflict Coalition. „Dies hat katastrophale Folgen für die Pflegebedürftigen und das Gesundheitspersonal und -system, das ihnen helfen soll“.
Die Regierungen hätten es trotz wiederholter Zusagen bislang versäumt, entsprechende Strafmaße für solche Taten festzulegen, ihre militärischen Praktiken zu reformieren und die Verantwortlichen für die Verbrechen vor Gericht zu stellen, so Rubenstein.
Die Safeguarding Health in Conflict Coalition forderte die Regierungen dazu auf, „weitaus energischere Maßnahmen“ zu ergreifen und Waffenlieferungen an Parteien, die gegen das internationale Recht verstoßen würden, einzustellen.
Darüber hinaus appellierte sie auch an den Internationalen Strafgerichtshof und die nationalen Gerichte, die Strafverfolgung von Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Zusammenhang mit Angriffen auf Verwundete und Kranke sowie auf Gesundheitseinrichtungen einzuleiten.
Der Jahresbericht der Safeguarding Health in Conflict Coalition verzeichnet Angriffe auf medizinisches Personal sowie die Beschädigung oder Zerstörung von Gesundheitseinrichtungen in 30 Ländern oder Gebieten, die von Konflikten betroffen sind.
Diskutieren Sie mit
Werden Sie Teil der Community des Deutschen Ärzteblattes und tauschen Sie sich mit unseren Autoren und anderen Lesern aus. Unser Kommentarbereich ist ausschließlich Ärztinnen und Ärzten vorbehalten.
Anmelden und Kommentar schreiben
Bitte beachten Sie unsere Richtlinien. Der Kommentarbereich wird von uns moderiert.
Diskutieren Sie mit: