Gewebespende: Union sieht Schwachstelle im Organspenderegister, Regierung führt Gespräche

Berlin – Die Union im Bundestag sorgt sich darum, dass Einschränkungen von Zugriffsrechten auf dokumentierte Willensäußerungen im geplanten Organspenderegister für Probleme bei der Gewebespende führen. Das zeigt die Antwort der Bundesregierung auf eine kleine Anfrage der CDU/CSU-Bundestagsfraktion.
Grund für die Befürchtungen ist demnach, dass mit Paragraf 2a Absatz 4 des Transplantationsgesetzes (TPG) der Kreis an zugriffsberechtigten Personen auf die dokumentierte Willensäußerung im Organspenderegister beschränkt worden ist.
Eine Auskunft aus dem Register dürfe ausschließlich der Person, die den Willen dort dokumentiert hat, sowie an vom Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) bevollmächtige Klinikangestellte oder Transplantationsbeauftragte erteilt werden, schreibt die Union. Diese dürften weder an der Entnahme noch an der Übertragung der Organe oder Gewebe der potenziellen Spender beteiligt sein und auch keinen ärztlichen Weisungen unterstehen.
„Somit haben Spendeeinrichtungen wie die Deutsche Stiftung Organstransplantation (DSO) oder Gewebeeinrichtungen wie die DGFG keinen Registerzugriff und somit keinen direkten Zugriff auf diese spenderelevante Information“, bemängeln die Abgeordneten der Union in der Anfrage. Diese seien gezwungen, diese Information über Dritte einzuholen.
Die Union kritisiert auch, dass in der technischen Umsetzung des Organspenderegister die Möglichkeit außerklinischer Gewebespenden nicht berücksichtigt worden sei. „Da Gewebespenden auch außerhalb von Kliniken realisiert werden können, melden auch Bestattungsinstitute, Hospize, Pflegeeinrichtungen, Notärzte und Angehörige potenzielle Spenderinnen und Spender“, heißt es.
Um jedoch eine Organspenderegisterabfrage durchführen zu können, müssten sowohl die abfragende Person als auch der potenzielle Spendenfall über das Klinikinformationssystem erfasst und an die Telematikinfrastruktur angeschlossen sein.
Da dies bei Verstorbenen außerhalb von Kliniken nicht der Fall sei, sei für diese Gruppe an potenziellen Spendern keine Organspenderegisterabfrage und somit auch, sollte eine Abfrage- und Auskunftspflicht vom Gesetzgeber vorgesehen sein, keine Gewebespende möglich. „Gewebeeinrichtungen könnten sehr wahrscheinlich daher zukünftig nicht allen Menschen gleichermaßen die Chance zur Gewebespende ermöglichen.“
Die Bundesregierung beschwichtigt in ihrer Antwort und verdeutlicht, dass sie die Lage im Blick hat. Gewebetransplantate seien für die Versorgung von Patientinnen und Patienten unverzichtbar, heißt es in der Antwort. Nur dank der Gewebespenden sei eine adäquate transplantationsmedizinische Versorgung möglich.
Daher solle auch nach dem geplanten Betriebsstart des Registers für Erklärungen zur Organ- und Gewebespende (OGR) im ersten Quartal 2024 jede mögliche Gewebespende realisiert werden können, sofern eine Spendenbereitschaft gegeben sei. Dazu müsse auch in Zukunft der Wille der verstorbenen Personen unkompliziert und eindeutig festgestellt werden können.
Die Regierung weist darauf hin, dass mit dem Betriebsstart des OGR Bürger ihre Erklärung zur Organ- und Gewebespende in das Register eintragen können. Das Transplantationsgesetz (TPG) sehe vor, dass vor jeder möglichen Spende die Spendenbereitschaft potenzieller Spender durch einen Abruf aus dem OGR zu klären sei.
Bei derzeit laufenden Fachgesprächen werde auch die Frage erörtert, ob und wie nach dem Betriebsstart des OGR eine Gewebespendenbereitschaft geklärt werden könne, wenn ein möglicher Gewebespender, wie in rund 90 Prozent der Fälle, nicht zugleich als Organspender in Betracht komme, heißt es weiter.
Zugriffe auf das OGR seien prinzipiell aus allen Stationen eines Krankenhauses von solchen Personen möglich, die als abrufberechtigt benannt wurden. Grundsätzlich könne ein Krankenhaus beliebig viele Ärzte und Transplantationsbeauftragte als abrufberechtigt benennen, heißt es in der Antwort weiter.
Auch einer Benennung von externen, bei Gewebeeinrichtungen angestellten Ärzten als abrufberechtigt stünden keine rechtlichen Gründe entgegen. Sollten Krankenhäuser in Abstimmung mit den Gewebeeinrichtungen davon Gebrauch machen, wäre gewährleistet, dass auch Erklärungen von Personen, die außerhalb eines Krankenhauses verstorben sind, abgerufen werden könnten.
Diskutieren Sie mit
Werden Sie Teil der Community des Deutschen Ärzteblattes und tauschen Sie sich mit unseren Autoren und anderen Lesern aus. Unser Kommentarbereich ist ausschließlich Ärztinnen und Ärzten vorbehalten.
Anmelden und Kommentar schreiben
Bitte beachten Sie unsere Richtlinien. Der Kommentarbereich wird von uns moderiert.
Diskutieren Sie mit: