Glyphosat: Hendricks für Beschränkungen

Parma – Bundesumweltministerin Barbara Hendricks (SPD) dringt vor Beratungen im Bundestag über das Pflanzengift Glyphosat erneut auf nationale Einschränkungen für die Verwendung. „Auf jeden Fall werden wir das soweit als eben möglich beschränken“, sagte sie heute im ARD-Morgenmagazin.
Nach der Verlängerung der EU-Zulassung des Unkrautvernichters müssen Hersteller ab 16. Dezember binnen drei Monaten eine Erneuerung ihrer Zulassung für Deutschland beantragen. „Die Zulassung wird nur gegeben durch ein Amt, dass dem Bundeslandwirtschaftsminister untersteht, aber im Einvernehmen mit dem Umweltbundesamt“, betonte Hendricks. „Das heißt, wir werden das soweit als eben möglich beschränken.“
Agrarminister Christian Schmidt (CSU) hatte vor gut zwei Wochen gegen Hendricks' Willen für die weitere EU-Zulassung des Unkrautgiftes gestimmt. Er löste damit heftigen Streit in der derzeitigen großen Koalition aus und belastete die Diskussion über ihre Fortsetzung. Hendricks sagte, Ziel sei es, ganz aus der Nutzung von Glyphosat auszusteigen. „Da brauchen wir vielleicht noch ein bisschen Vorlauf, dass wir das wirklich in allen Regionen tatsächlich können, zum Beispiel im Weinbau.“
Neuer Streit möglich
Unterdessen droht bei einer weitereren EU-Abstimmung eventuell neuer Streit zwischen beiden Ministern. Die Europäische Kommission will heute und morgen mit den EU-Mitgliedsstaaten über eine weitere Beschränkung verschiedener Insektizide diskutieren. Die Kommission schlage ein Verbot der Nutzung dieser Neonicotinoide im Freiland vor, erläuterte Hendricks. „Da bin ich ganz dafür.“ Sie habe Schmidt gebeten, dem Vorschlag zu folgen. Sein Ministerium müsse dort abstimmen. „Bis jetzt sind wir uns da noch nicht einig. Es kann sein, dass wir uns nicht einig werden.“ Dann müsste man sich enthalten. Und das wirke wie ein Nein.
Unterdessen kritisiert die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (Efsa) erneut die Haltung der Kritiker. Diese stellten ihre persönlichen Überzeugungen vor wissenschaftliche Erkenntnisse. Menschen, die den Einsatz von Glyphosat ablehnten, befänden sich „in einem Konflikt zwischen Fakten und ihren eigenen Werten, aber anstatt ihre Werteinstellungen zu ändern, versuchen sie, die Fakten in Verruf zu bringen“, sagte der Efsa-Direktor Bernhard Url im italienischen Parma.
„Bei allem, was wir heute wissen, ist Glyphosat wahrscheinlich nicht krebserregend. Punkt. Das sagen wir auf der Grundlage von fundierten wissenschaftlichen Erkenntnissen“, erklärte Url. Die Internationale Krebsforschungsagentur der Weltgesundheitsorganisation hatte das Herbizid im März 2015 als „wahrscheinlich krebserregend“ für den Menschen eingestuft. Wie die Efsa sehen allerdings auch die Chemikalienagentur Echa und das Bundesinstitut für Risikobewertung keine ausreichenden Belege für eine solche Gefährdung.
Der Streit um Glyphosat sei stellvertretend für eine Debatte über Themen wie synthetische Düngemittel, Nachhaltigkeit und große Konzerne geführt worden, sagte Url. Seine Behörde sei froh, die „berechtigte gesellschaftliche Diskussion“ anderen überlassen zu können. „Wir wurden in ein politisches Feld hineingezogen, auf dem wir nicht gewinnen können. Wir sind keine Politiker: Unsere Aufgabe ist es, an Beweisen, Methodik und Daten festzuhalten.“
Die Zulassung für Glyphosat wurde Ende November nach monatelangem Streit von der EU um weitere fünf Jahre verlängert. EU-Kommission und Agrarindustrie waren erleichtert, Verbraucher- und Umweltschützer entsetzt. Der Unkrautvernichter ist sehr wirksam, gilt als preiswert und wird weltweit in der Landwirtschaft genutzt, um die Ernteerträge zu erhöhen.
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