Ärzteschaft

Hausärzte und Geriater streiten um den „Facharzt Geriatrie“

  • Montag, 3. April 2017
/Alexander Raths, stock.adobe.com
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Berlin/München – Um die Qualifikation der Ärzte zur Versorgung älterer und hoch­betag­ter Patienten hat sich zwischen Hausärzteverbänden und der Deut­schen Gesell­schaft für Geriatrie (DGG) ein Streit entzündet. „Der hausärztliche Allgemeinmediziner ist aufgrund seiner Ausbildung und seiner Tätig­keit bereits qualifiziert für die medizinische Versor­gung älterer Menschen“, erklärte Dieter Geis, Vorsitzender des Bayerischen Hausärzte­ver­bandes.

Die Versorgung älterer und hochbetagter Patienten sei „längst Alltag in un­se­ren haus­ärzt­lichen Praxen“, so Geis. Eine weitere Spezialisierung, insbesondere in Form eines Facharztes für Geriatrie oder eines Facharztes für Innere und Geriatrie, sei überflüssig und erschwere die wohn­ortnahe Patientenversorgung, so der Landesvorsitzende.

Geis kritisierte einen Beschluss der Landesärztekammer Hessen, eine Zusatzweiter­bil­dung „Ambulante Geriatrie“ in die Weiterbildungsordnung für Ärzte in Hessen aufzu­neh­men und damit eine weitere Qualifikation im Bereich Geriatrie zu schaffen. „Hier soll ein originär hausärztliches Behandlungsfeld, das eine ganzheitliche Herangehensweise er­fordert, von Spezialisten (mit) übernommen werden, die nur Teilaspekte der Medizin im Blick haben. Dem Patientenwohl dient das sicher nicht“, betonte Geis. 

Kritik auch aus Hessen

Auch der Hausärzteverband Hessen hat die Zusatzweiterbildung kritisiert: „Sie beinhaltet unter anderem eine 160-stündige Pflichtweiterbildung zu geriatrischen Inhalten, die längst in der Weiterbildungsordnung zum Facharzt für Allgemeinmedizin enthalten sind“, hieß es aus dem Verband. Ihr fehle aber etwas Wesentliches: „Die verpflichtende Erfah­rung der Betreuung von multimorbiden Patienten und ihren Familien zu Hause und in Pflegeheimen“, so der Landesverband Hessen.

Die DGG stellte dagegen klar, dass sie an der Einführung eines Facharztes Geriatrie fest­halte. Es bestehe „weiterhin der Bedarf, die geriatriespezifische Qualifikation der Ärzteschaft sachgerechter als bisher zu regeln“, sagte der Präsident der Fachgesell­schaft Jürgen Bauer auf Nachfrage des Deutschen Ärzteblatts. Das Altern bedinge um­fang­reiche Veränderungen von Organfunktionen, die zudem bei vielen Patienten mit Mul­ti­mor­bidität oder/und funktionellen Einschränkungen einhergingen, erläuterte er. Für die Versorgung dieser Patientengruppe existierten mittlerweile spezifische Behandlungs­for­men, die akutmedizinische Behandlungsansätze mit rehabilitativen Konzepten ver­bän­den.

„Der deutliche Wissenszuwachs, die Besonderheiten des alten Menschen und die Be­deu­­tung der Geriatrie für die Versorgung hochbetagter und multimorbider Patienten er­fordern einen Facharzt für Geriatrie“, betonte Bauer. Dieser sei außerdem notwendig, um die Geriatrie in der Weiterbildung von jungen Ärzten zukunftsfähig zu machen.

Allerdings lehnt die DGG wie der Bayerische Hausärzteverband eine sektorale Unter­glie­derung durch die Einführung einer ambulanten Zusatzweiterbildung ab. „Vielmehr muss die bereits bestehende Grundkompetenz der Hausärzte durch gezielte Fort- und Weiter­bildungen weiter gestärkt und durch eine bundesweit einheitliche Zusatzbezeich­nung be­ziehungsweise einen Facharzt Geriatrie darüber hinausgehend ergänzt wer­den“, erklärte Bauer.

hil

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