Hausärzte und Geriater streiten um den „Facharzt Geriatrie“

Berlin/München – Um die Qualifikation der Ärzte zur Versorgung älterer und hochbetagter Patienten hat sich zwischen Hausärzteverbänden und der Deutschen Gesellschaft für Geriatrie (DGG) ein Streit entzündet. „Der hausärztliche Allgemeinmediziner ist aufgrund seiner Ausbildung und seiner Tätigkeit bereits qualifiziert für die medizinische Versorgung älterer Menschen“, erklärte Dieter Geis, Vorsitzender des Bayerischen Hausärzteverbandes.
Die Versorgung älterer und hochbetagter Patienten sei „längst Alltag in unseren hausärztlichen Praxen“, so Geis. Eine weitere Spezialisierung, insbesondere in Form eines Facharztes für Geriatrie oder eines Facharztes für Innere und Geriatrie, sei überflüssig und erschwere die wohnortnahe Patientenversorgung, so der Landesvorsitzende.
Geis kritisierte einen Beschluss der Landesärztekammer Hessen, eine Zusatzweiterbildung „Ambulante Geriatrie“ in die Weiterbildungsordnung für Ärzte in Hessen aufzunehmen und damit eine weitere Qualifikation im Bereich Geriatrie zu schaffen. „Hier soll ein originär hausärztliches Behandlungsfeld, das eine ganzheitliche Herangehensweise erfordert, von Spezialisten (mit) übernommen werden, die nur Teilaspekte der Medizin im Blick haben. Dem Patientenwohl dient das sicher nicht“, betonte Geis.
Kritik auch aus Hessen
Auch der Hausärzteverband Hessen hat die Zusatzweiterbildung kritisiert: „Sie beinhaltet unter anderem eine 160-stündige Pflichtweiterbildung zu geriatrischen Inhalten, die längst in der Weiterbildungsordnung zum Facharzt für Allgemeinmedizin enthalten sind“, hieß es aus dem Verband. Ihr fehle aber etwas Wesentliches: „Die verpflichtende Erfahrung der Betreuung von multimorbiden Patienten und ihren Familien zu Hause und in Pflegeheimen“, so der Landesverband Hessen.
Die DGG stellte dagegen klar, dass sie an der Einführung eines Facharztes Geriatrie festhalte. Es bestehe „weiterhin der Bedarf, die geriatriespezifische Qualifikation der Ärzteschaft sachgerechter als bisher zu regeln“, sagte der Präsident der Fachgesellschaft Jürgen Bauer auf Nachfrage des Deutschen Ärzteblatts. Das Altern bedinge umfangreiche Veränderungen von Organfunktionen, die zudem bei vielen Patienten mit Multimorbidität oder/und funktionellen Einschränkungen einhergingen, erläuterte er. Für die Versorgung dieser Patientengruppe existierten mittlerweile spezifische Behandlungsformen, die akutmedizinische Behandlungsansätze mit rehabilitativen Konzepten verbänden.
„Der deutliche Wissenszuwachs, die Besonderheiten des alten Menschen und die Bedeutung der Geriatrie für die Versorgung hochbetagter und multimorbider Patienten erfordern einen Facharzt für Geriatrie“, betonte Bauer. Dieser sei außerdem notwendig, um die Geriatrie in der Weiterbildung von jungen Ärzten zukunftsfähig zu machen.
Allerdings lehnt die DGG wie der Bayerische Hausärzteverband eine sektorale Untergliederung durch die Einführung einer ambulanten Zusatzweiterbildung ab. „Vielmehr muss die bereits bestehende Grundkompetenz der Hausärzte durch gezielte Fort- und Weiterbildungen weiter gestärkt und durch eine bundesweit einheitliche Zusatzbezeichnung beziehungsweise einen Facharzt Geriatrie darüber hinausgehend ergänzt werden“, erklärte Bauer.
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