Hebammenschule soll helfen, Versorgungslücke in Hessen zu schließen
Frankfurt – Viele Kliniken im Rhein-Main-Gebiet suchen händeringend nach Hebammen. Die erste Frankfurter Hebammenschule soll nun Abhilfe schaffen. Der erste Kurs mit 24 Teilnehmern – darunter einem Mann in dem traditionell von Frauen dominiertem Beruf – startete heute. Hessens Gesundheitsminister Stefan Grüttner (CDU) sprach heute von einem „wichtigen Startschuss zu einer besseren Versorgung mit Hebammen für die Eltern in Hessen“.
Die Schule wurde von der Carl Remigius Medical School, dem Universitätsklinikum Frankfurt sowie dem Bürgerhospital Frankfurt gemeinsam gegründet. Dies zeige, wie wichtig Kooperationen im Gesundheitswesen seien, sagte Grüttner. Die Ausbildung werde drei Jahre dauern und etwa zur Hälfte aus Unterricht und praktischer Ausbildung in den beteiligten Kliniken bestehen, sagte Alexander Pradka, Sprecher der Carl Remigius Medical School.
Besonders großer Mangel
Die Schule solle eine Versorgungslücke im Rhein-Main-Gebiet schließen, hieß es. Allein in Frankfurt werden den Angaben zufolge zwischen 12.000 und 13.000 Kinder pro Jahr geboren. Im vergangenen Jahr kamen im Bürgerhospital mit 3.250 Kindern die meisten Neu-Frankfurter zu Welt. In der Universitätsklinik lag die Zahl der Geburten im vergangenen Jahr bei knapp 2.000.
Nach Angaben des Deutschen Hebammenverbandes gehören Frankfurt und die Rhein-Main-Region zu den Gebieten mit besonders großem Hebammenmangel – nicht zuletzt wegen des knappen und teuren Wohnungsmarkts und hoher Lebenshaltungskosten, sagte eine Sprecherin. Viele der oft in Teilzeit arbeitenden Hebammen könnten sich das Leben in der Mainmetropole schlicht nicht leisten.
Politisch ist der Mangel in Hessen schon länger ein Thema. Die SPD-Gesundheitsexpertin Daniela Sommer betonte, die Sozialdemokraten wiesen schon seit Jahren auf den aktuellen Hebammenmangel hin und forderten mehr Ausbildung. Die schlechte Versorgungssituation betreffe sowohl die Städte als auch die ländlichen Regionen. „Nur mit mehr Ausbildungsplätzen können wir auch Nachwuchs gewinnen und die Versorgungssituation verbessern“, mahnte Sommer. Sie forderte den Sozialminister auf, schnell die avisierte Studie über die Versorgungssituation im Land in Auftrag zu geben und zu erstellen.
„Der Hebammenberuf wurde systematisch ausgeblutet“, erklärte auch die gesundheitspolitische Sprecherin der Linken, Marjana Schott, diese Woche. „Viel zu geringe Vergütungen und viel zu hohe Haftpflichtprämien machen es den engagierten Kolleginnen oft nicht mehr möglich, ihren Beruf auszuüben.“ Die Linke habe Grüttner immer wieder aufgefordert, hier endlich aktiv zu werden.
Die FDP hatte moniert, dass das Sozialministerium bislang keinen Handlungsbedarf gesehen habe. Offenbar gehe man von unterschiedlichen Daten aus. Dies müsse schnell geklärt werden, sagte die FDP-Abgeordnete Nicola Beer. Unabhängig davon müsse eine pragmatische Lösung für Frankfurt und andere Ballungsräume gefunden werden.
Grüttner räumte heute ein, dass es derzeit in vielen Regionen nicht immer so viele Hebammen gebe, wie die Familien nachfragten. „Das ist bei uns angekommen, und es ist nicht erst seit heute ein Thema, das wir auf der Agenda haben“, erklärte der Minister. Zusammen mit dem Hessischen Hebammenverband und dem Verein Motherhood werde er eine landesweite Untersuchung angehen. „Wir müssen uns ein genaues Bild über die Inanspruchnahme und den Bedarf machen, um dann möglichst passgenau handeln und uns kümmern zu können“, sagte er.
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