Frauen- und Kinderärzte warnen vor Hebammenmangel

Köln/Hamburg – Schwangere in Deutschland haben immer mehr Probleme dabei, eine Hebamme für die Entbindung und die Betreuung im Anschluss zu finden. Darauf haben der Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte (BVKJ) und der Berufsverband der Frauenärzte (BVF) hingewiesen.
Besonders prekär sei die Lage in Großstädten wie Düsseldorf, Hamburg oder Berlin. „Geburtskliniken, die Schwangere abweisen, Frauen, die sich unter der Geburt zu mehreren eine einzige Hebamme teilen müssen: Das geht gar nicht. Mutter und Kind haben das Recht auf eine umfassend und kompetent betreute Geburt“, sagte der Präsident des BVF, Christian Albring.
Problem Fallpauschalen
Ein Problem sind in diesem Zusammenhang laut den Berufsverbänden die Fallpauschalen im Krankenhaus. „Vor allem Erstgebärende haben viele Fragen rund um die Pflege und Ernährung ihres Neugeborenen. Krankenhäuser leisten diese Beratung nicht mehr, seitdem sie für Geburten nur noch Fallpauschalen bekommen und die Mütter immer früher nach Hause schicken“, erläuterte der BVKJ-Präsident Thomas Fischbach.
Die Hebammenbetreuung sei daher besonders wichtig, sie vermittele den jungen Müttern Sicherheit im Umgang mit ihren Kindern. „Dies wiederum erleichtert Ärzten die Arbeit und erspart dem Gesundheitssystem hohe Folgekosten, denn gut informierte Mütter umsorgen ihre Kinder kompetent und helfen damit, dass sie gesund aufwachsen“, so Fischbach.
Dabei ist die absolute Zahl der Hebammen in Deutschland offenbar nicht das Problem. Laut Recherchen des Deutschen Ärzteblattes (DÄ) liegt diese stabil bei etwa 20.000 bis 22.000. Auch die Beliebtheit des Berufes lässt nicht nach. An den bundesweit 58 Hebammenschulen gibt es mehr Bewerberinnen als Ausbildungsplätze. Aber die Zahl der festangestellten Hebammen sinkt. Zudem bieten immer weniger Hebammen auch Geburtshilfe an.
Gemäß der Vertragspartnerliste für Hebammen aus dem Jahr 2016 gibt es 18.032 freiberuflich tätige Hebammen in Deutschland, von denen jedoch nur 5.248 auch eine Geburtshilfe anbieten. Grund dafür sind insbesondere die Prämien der Berufshaftpflichtversicherung, die in den vergangenen Jahrzehnten stark angestiegen sind. Hinzu kommt, dass laut dem Deutsche Hebammenverband 70 Prozent der angestellt arbeitenden wie auch 70 Prozent der freiberuflich tätigen Hebammen mittlerweile in Teilzeit arbeiten.
Ärzte fordern Fonds
Gleichzeitig steigt laut dem Verband der Bedarf. „Die Sorgen der Frauen sind gestiegen, aber auch ihr Anspruch auf die Leistungen der Hebammen“, erläuterte die DHV-Präsidentin Martina Klenk im Gespräch mit dem DÄ. Sie führt dies unter anderem auf einen gesellschaftlichen Wandel zurück: Viele junge Mütter lebten weit weg von der eigenen Familie oder den Großmüttern ihrer Kinder. Bei Fragen seien daher oftmals Hebammen die ersten Ansprechpartnerinnen.
Der BVF und der BVKJ fordern daher eine bessere Vergütung für die Arbeit die Hebammen, einen staatlichen Fonds, der anstelle der Hebammen und Frauenärzte geschädigte Kinder und Mütter absichert und eine 1:1-Betreuung unter der Geburt, statt Parallelbetreuungen von bis zu drei Frauen während der Entbindung.
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