Politik

Hohe Zustimmungswerte für Nährwert-Logo Nutri-Score

  • Mittwoch, 14. August 2019
Nutri-Score /dpa
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Berlin – In der Debatte um eine deutlichere Kennzeichnungen von Zucker, Fett und Salz in Lebens­mitteln hat das farbliche Logo Nutri-Score in einer Umfrage hohe Zustimmungs­werte er­halten. Den Nutri-Score bewerteten 87 Prozent der Befragten als „schnell er­fass­bar“, wie die Umfrageergebnisse zeigten. Dass das Logo die Auswahl gesunder Lebens­mittel erleichtert, sagten 60 Prozent.

Die Umfrage sollte Einschätzungen zu zwei Nährwert-Logos abfragen – außer zu dem aus Frankreich stammenden Nutri-Score auch zu einem neu entwickelten Modell des bundeseigenen Max-Rubner-Instituts für Ernährungsforschung ( „Wegweiser Ernährung“).

Dafür wurden den 1.003 Teilnehmern ab 18 Jahren beide Modelle erläutert und online beispielhaft damit gekennzeichnete Produkte gezeigt. Bei der Frage einer zusammen­fassenden Einschätzung gaben 69 Prozent an, den Nutri-Score als Kennzeichnung zu bevorzugen. 25 Prozent nannten das Modell des Bundes-Instituts. Die Mehrheit der Be­fragten beurteilten dies im Vergleich eher als „kompliziert“ und „verwirrend“.

In der Umfrage sprachen sich den Organisationen zufolge vor allem auch Bevölkerungs­gruppen für den Nutri-Score aus, die besonders stark von Fehlernährung betroffen sind. Die Befragten mit geringem formalem Bildungsgrad und jene mit starkem Übergewicht bevorzugten jeweils zu drei Vierteln den Nutri-Score. Beide Gruppen bewerteten den Nutri-Score auch häufiger als hilfreicher bei der Auswahl gesunder Produkte. Den „Weg­weiser Ernährung“ hingegen empfand ein besonders großer Anteil der Personen mit star­kem Übergewicht als das kompliziertere Label.

Die Umfrage erfasste auch, wie wichtig den Verbrauchern bestimmte Eigenschaften bei einer Kennzeichnung sind. Ein Label muss demnach vor allem „eindeutig“ sein (72 Pro­zent halten dies für sehr wichtig), „leicht verständlich“ (70 Prozent) und „unkompliziert“ (61 Prozent). Genau diese Eigenschaften sahen die Befragten vor allem beim Nutri-Score gegeben. Detaillierte Informationen auf der Vorderseite der Verpackung wie beim „Weg­weiser Ernährung“ waren den Menschen hingegen deutlich weniger wichtig (35 Prozent).

Die Befragung fand im Auftrag der Verbraucherorganisation Foodwatch und mehrerer Verbände und medizinischer Fachgesellschaften statt. Dazu gehörten die Deutsche Allianz Nichtübertragbare Krankheiten DANK, die Deutsche Diabetes Gesellschaft, die Deutsche Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin, die Deutsche Diabetes Stiftung, der Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte, diabetesDE – Deutsche Diabetes-Hilfe, die Deutsche Adipositas-Gesellschaft und die Deutsche Gesellschaft für Ernährungs­medizin.

Die Verbände und Fachgesellschaften riefen Bundesernährungsministerin Julia Klöckner (CDU) auf, keine Zeit mehr zu verlieren und den Nutri-Score schnellstmöglich einzufüh­ren. Die Umfrage zeige, dass die deutschen Verbraucher den Nutri-Score wollten, sagte Barbara Bitzer, Sprecherin des Wissenschaftsbündnisses DANK und Geschäftsführerin der Deutschen Diabetes Gesellschaft. Die Nährwert-Ampel habe zuvor in mehr als 35 wissen­schaftlichen Studien ihre Wirksamkeit bewiesen.

„Das neue Kennzeichnungssystem muss gerade für die besonders von Fehlernährung und Übergewicht betroffenen Bevölkerungsgruppen verständlich sein“, sagte Berthold Koletz­ko, Vorsitzender der Ernährungskommission der Deutschen Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin. „Wenn Eltern einen geringen Bildungsstand haben oder übergewichtig sind, dann haben ihre Kinder ein deutlich erhöhtes Risiko, auch dick zu werden.“ Der Nu­tri-Score erreiche diese Bevölkerungsgruppen offenbar gut und könne deshalb wirksam helfen, Kinder vor Übergewicht zu schützen, sagte er.

„Die Umfrage zeigt klar, dass der Nutri-Score genau das liefert, was die Menschen erwar­ten – eine schnelle, verständliche Orientierung beim Einkauf“, sagte Hans Hauner, Vor­sitz­ender der Deutschen Diabetes Stiftung und Beiratsmitglied der Deutschen Adipositas-Gesellschaft. „Die Politik muss diese wirksame Maßnahme für eine gesündere Ernährung endlich umsetzen.“

Ärzteverbände, medizinische Fachgesellschaften und Verbraucherorganisationen fordern schon seit langem verbindliche Maßnahmen gegen Fehlernährung und Übergewicht – eine verständliche Nährwertkennzeichnung in Ampelfarben ist dabei ein wichtiger Bau­stein. In Ermangelung einer verbindlichen EU-weiten Regelung haben inzwischen mehre­re Länder Ampelkennzeichnungen auf freiwilliger Basis eingeführt.

Der von unabhängigen französischen Wissenschaftlern entwickelte Nutri-Score wird be­reits in Frankreich und Belgien verwendet, Spanien hat seine Einführung angekündigt und auch in Portugal, Luxemburg und der Schweiz wird über die Einführung diskutiert.

Das Modell nimmt eine Gesamtbewertung der Nährwertzusammensetzung eines Produk­tes vor, indem es ernährungsphysiologisch günstige und ungünstige Nährwertbestand­tei­le miteinander verrechnet und auf einer von grün nach rot abgestuften Farbskala einord­net. Mit dem Nutri-Score lassen sich so die Nährwerte verschiedener Lebensmittel wie Tiefkühlpizzen, Frühstücksflocken oder Fruchtjoghurts auf einen Blick vergleichen.

Den „Wegweiser Ernährung“ hat Julia Klöckner im Mai vorgelegt, das staatliche Max-Rubner-Institut hatte es in ihrem Auftrag entwickelt. Anders als beim Nutri-Score gibt es bei diesem „Waben“-Modell eine Einordnung in Ampelfarben.

Entscheidung zwischen vier Modellen

Aus dem Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft hieß es heute, es sei bemerkenswert, dass Foodwatch sich erst vehement gegen eine Verbraucherbeteiligung ausspreche und die vom Ministerium geplante Verbraucherbefragung kritisiere, dann aber schnell selbst eine Umfrage in Auftrag gegeben habe.

„Für uns geht hier ganz klar darum, dass das Nährwertkennzeichen dem Verbraucher eine schnelle und nützliche Hilfestellung im Alltag bietet. Darüber hinaus verlangt das EU-Recht fundierte und wissenschaftlich haltbare Erkenntnisse der Verbraucherforschung“, erklärte der parlamentarische Staatssekretär Hans-Joachim Fuchtel.

Die Entscheidung, welches Logo die Bundesregierung tatsächlich zur freiwilligen Nut­zung auf Packungen empfiehlt, soll voraussichtlich im Herbst zwischen vier Modellen fallen. Klöckner lässt dafür derzeit eine eigene Verbraucherbefragung machen. Sie hatte betont, dass sie „keine Präferenz“ habe. Maßgeblich solle das für Ende September erwar­tete Ergebnis der eigenen Befragung sein, bekräftigte das Ministerium heute.

dpa/may

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