Hohe Zustimmungswerte für Nährwert-Logo Nutri-Score

Berlin – In der Debatte um eine deutlichere Kennzeichnungen von Zucker, Fett und Salz in Lebensmitteln hat das farbliche Logo Nutri-Score in einer Umfrage hohe Zustimmungswerte erhalten. Den Nutri-Score bewerteten 87 Prozent der Befragten als „schnell erfassbar“, wie die Umfrageergebnisse zeigten. Dass das Logo die Auswahl gesunder Lebensmittel erleichtert, sagten 60 Prozent.
Die Umfrage sollte Einschätzungen zu zwei Nährwert-Logos abfragen – außer zu dem aus Frankreich stammenden Nutri-Score auch zu einem neu entwickelten Modell des bundeseigenen Max-Rubner-Instituts für Ernährungsforschung ( „Wegweiser Ernährung“).
Dafür wurden den 1.003 Teilnehmern ab 18 Jahren beide Modelle erläutert und online beispielhaft damit gekennzeichnete Produkte gezeigt. Bei der Frage einer zusammenfassenden Einschätzung gaben 69 Prozent an, den Nutri-Score als Kennzeichnung zu bevorzugen. 25 Prozent nannten das Modell des Bundes-Instituts. Die Mehrheit der Befragten beurteilten dies im Vergleich eher als „kompliziert“ und „verwirrend“.
In der Umfrage sprachen sich den Organisationen zufolge vor allem auch Bevölkerungsgruppen für den Nutri-Score aus, die besonders stark von Fehlernährung betroffen sind. Die Befragten mit geringem formalem Bildungsgrad und jene mit starkem Übergewicht bevorzugten jeweils zu drei Vierteln den Nutri-Score. Beide Gruppen bewerteten den Nutri-Score auch häufiger als hilfreicher bei der Auswahl gesunder Produkte. Den „Wegweiser Ernährung“ hingegen empfand ein besonders großer Anteil der Personen mit starkem Übergewicht als das kompliziertere Label.
Die Umfrage erfasste auch, wie wichtig den Verbrauchern bestimmte Eigenschaften bei einer Kennzeichnung sind. Ein Label muss demnach vor allem „eindeutig“ sein (72 Prozent halten dies für sehr wichtig), „leicht verständlich“ (70 Prozent) und „unkompliziert“ (61 Prozent). Genau diese Eigenschaften sahen die Befragten vor allem beim Nutri-Score gegeben. Detaillierte Informationen auf der Vorderseite der Verpackung wie beim „Wegweiser Ernährung“ waren den Menschen hingegen deutlich weniger wichtig (35 Prozent).
Die Befragung fand im Auftrag der Verbraucherorganisation Foodwatch und mehrerer Verbände und medizinischer Fachgesellschaften statt. Dazu gehörten die Deutsche Allianz Nichtübertragbare Krankheiten DANK, die Deutsche Diabetes Gesellschaft, die Deutsche Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin, die Deutsche Diabetes Stiftung, der Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte, diabetesDE – Deutsche Diabetes-Hilfe, die Deutsche Adipositas-Gesellschaft und die Deutsche Gesellschaft für Ernährungsmedizin.
Die Verbände und Fachgesellschaften riefen Bundesernährungsministerin Julia Klöckner (CDU) auf, keine Zeit mehr zu verlieren und den Nutri-Score schnellstmöglich einzuführen. Die Umfrage zeige, dass die deutschen Verbraucher den Nutri-Score wollten, sagte Barbara Bitzer, Sprecherin des Wissenschaftsbündnisses DANK und Geschäftsführerin der Deutschen Diabetes Gesellschaft. Die Nährwert-Ampel habe zuvor in mehr als 35 wissenschaftlichen Studien ihre Wirksamkeit bewiesen.
„Das neue Kennzeichnungssystem muss gerade für die besonders von Fehlernährung und Übergewicht betroffenen Bevölkerungsgruppen verständlich sein“, sagte Berthold Koletzko, Vorsitzender der Ernährungskommission der Deutschen Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin. „Wenn Eltern einen geringen Bildungsstand haben oder übergewichtig sind, dann haben ihre Kinder ein deutlich erhöhtes Risiko, auch dick zu werden.“ Der Nutri-Score erreiche diese Bevölkerungsgruppen offenbar gut und könne deshalb wirksam helfen, Kinder vor Übergewicht zu schützen, sagte er.
„Die Umfrage zeigt klar, dass der Nutri-Score genau das liefert, was die Menschen erwarten – eine schnelle, verständliche Orientierung beim Einkauf“, sagte Hans Hauner, Vorsitzender der Deutschen Diabetes Stiftung und Beiratsmitglied der Deutschen Adipositas-Gesellschaft. „Die Politik muss diese wirksame Maßnahme für eine gesündere Ernährung endlich umsetzen.“
Ärzteverbände, medizinische Fachgesellschaften und Verbraucherorganisationen fordern schon seit langem verbindliche Maßnahmen gegen Fehlernährung und Übergewicht – eine verständliche Nährwertkennzeichnung in Ampelfarben ist dabei ein wichtiger Baustein. In Ermangelung einer verbindlichen EU-weiten Regelung haben inzwischen mehrere Länder Ampelkennzeichnungen auf freiwilliger Basis eingeführt.
Der von unabhängigen französischen Wissenschaftlern entwickelte Nutri-Score wird bereits in Frankreich und Belgien verwendet, Spanien hat seine Einführung angekündigt und auch in Portugal, Luxemburg und der Schweiz wird über die Einführung diskutiert.
Das Modell nimmt eine Gesamtbewertung der Nährwertzusammensetzung eines Produktes vor, indem es ernährungsphysiologisch günstige und ungünstige Nährwertbestandteile miteinander verrechnet und auf einer von grün nach rot abgestuften Farbskala einordnet. Mit dem Nutri-Score lassen sich so die Nährwerte verschiedener Lebensmittel wie Tiefkühlpizzen, Frühstücksflocken oder Fruchtjoghurts auf einen Blick vergleichen.
Den „Wegweiser Ernährung“ hat Julia Klöckner im Mai vorgelegt, das staatliche Max-Rubner-Institut hatte es in ihrem Auftrag entwickelt. Anders als beim Nutri-Score gibt es bei diesem „Waben“-Modell eine Einordnung in Ampelfarben.
Entscheidung zwischen vier Modellen
Aus dem Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft hieß es heute, es sei bemerkenswert, dass Foodwatch sich erst vehement gegen eine Verbraucherbeteiligung ausspreche und die vom Ministerium geplante Verbraucherbefragung kritisiere, dann aber schnell selbst eine Umfrage in Auftrag gegeben habe.
„Für uns geht hier ganz klar darum, dass das Nährwertkennzeichen dem Verbraucher eine schnelle und nützliche Hilfestellung im Alltag bietet. Darüber hinaus verlangt das EU-Recht fundierte und wissenschaftlich haltbare Erkenntnisse der Verbraucherforschung“, erklärte der parlamentarische Staatssekretär Hans-Joachim Fuchtel.
Die Entscheidung, welches Logo die Bundesregierung tatsächlich zur freiwilligen Nutzung auf Packungen empfiehlt, soll voraussichtlich im Herbst zwischen vier Modellen fallen. Klöckner lässt dafür derzeit eine eigene Verbraucherbefragung machen. Sie hatte betont, dass sie „keine Präferenz“ habe. Maßgeblich solle das für Ende September erwartete Ergebnis der eigenen Befragung sein, bekräftigte das Ministerium heute.
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