Politik

Innungskranken­kassen wehren sich gegen Manipulationen im Risikostruktur­ausgleich

  • Freitag, 14. September 2018
/Valerie Potapova, stockadobecom
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Berlin – Die Innungskrankenkassen (IKK) haben sich für eine schnelle Reform des morbiditätsorientierten Risikostrukturausgleichs (Morbi-RSA) ausgesprochen. Demnach sollten Kodierrichtlinien mit Auffälligkeitsprüfungen verbunden und um eine Selbst­verpflichtung der Kassen ergänzt werden. Dass schaffe laut IKK eine fundierte Basis für ein nachhaltiges, manipulationsresistentes und transparentes Finanzsystem in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV).

„Die jüngste Vergangenheit hat noch einmal gezeigt, wie anfällig der aktuelle Finanz­ausgleich für Manipulationen ist“, sagte der IKK-Vorstandsvorsitzende Hans-Jürgen Müller. Nach dem Skandal um die Betreuungsstrukturverträge verweise der aktuelle Bericht des Bundesrechnungshofes (BRH) nun auf unlautere Verträge zwischen Kassen und Kliniken. „Wir lehnen solche Praktiken strikt ab“, so Müller. Er verwies auf Berech­nungen, wonach rund zehn Prozent der Abrechnungen fehlerhaft sein dürften. Somit hätten bei durchgeführten Prüfungen bis zu sieben Milliarden Euro von den Kliniken an die gesetzlichen Kassen rückfließen müssen, die nun fehlten.

„Abgesehen von den finanziellen Einbußen führen diese Praktiken aber noch auf eine ganz andere Weise zur Schieflage im GKV-System“, erklärte der IKK-Vorstandsvor­sitzende Hans Peter Wollseifer. Ihm zufolge fließen bei einer festgestellten Falsch­abrechnung die Diagnosen nicht in den Morbi-RSA ein. Werde pauschal gar nicht geprüft, allerdings schon. Dies führe zu Wettbewerbsverzerrungen, so Wollseifer. „Es ist an der Zeit, diesem Geschäftsgebaren auch über eine zügige Reform des Morbi- RSA Einhalt zu gebieten. Außerdem erwarten die Innungskrankenkassen ein entschiedenes Vorgehen des Bundesversicherungsamtes“, erklärte der Vorstandsvorsitzender.

Die Innungskrankenkassen haben deshalb gefordert im ambulanten Bereich Kodierrichtlinien einzuführen. „Hierdurch werden die Diagnose- und die Versorgungsqualität erhöht und offenkundige Manipulationsmöglichkeiten reduziert“, sagte Müller. Im stationären Bereich seien Kodiervorschriften bereits seit Langem etabliert und akzeptiert. „Eine intersektorale Differenzierung ist daher nicht nachvollziehbar“, so Müller.

Nach Ansicht der Innungskrankenkassen reichen Kodierrichtlinien alleine aber nicht aus – deren Einhaltung müsse auch kontrolliert werden. Darüber hinaus sehen die Innungskrankenkassen auch die GKV selbst in der Pflicht: Sie sollte sich zugunsten einer solidarischen Wettbewerbsordnung ebenso wie zum Schutz ihrer Versicherten eine Selbstverpflichtung auferlegen, Kodierungen nicht zu beeinflussen. „Eine transparente Compliance, die auch auf freiwilliger Basis erfolgen kann, trägt unserer Ansicht nach maßgeblich dazu bei, eine Einflussnahme der Kassen auf das Kodierverhalten, auch in Graubereichen, zu unterbinden“, sagten Müller und Wollseifer.

Bis zum Inkrafttreten des reformierten Morbi-RSA haben die Innungskrankenkassen zudem eine Übergangsregelung gefordert. Ziel müsse es sein, bestehenden Marktkonzentrationen entgegenzuwirken. Dies gelänge beispielsweise durch eine Halbierung der Über- und Unterdeckungen für berücksichtigungsfähige Leistungsausgaben im Morbi-RSA nach dem Vorbild der Zuweisungen für Krankengeldausgaben.

hil/sb

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