Vermischtes

Jeder fünfte pflegende Angehörige von Armut bedroht

  • Dienstag, 27. September 2022
/picture alliance, photothek, Ute Grabowsky
/picture alliance, photothek, Ute Grabowsky

Berlin – Jeder fünfte pflegende Angehörige ist von Armut bedroht. Zu diesem Ergebnis kommt das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung Berlin (DIW) nach einer Auswertung der Daten des sozioökonomischen Pa­nels.

Bei pflegenden Frauen sei sogar rund jede vierte von Armut bedroht (24 Prozent), so das DIW in seiner Studie, die beim Sozialverband VdK heute in Berlin präsentiert wurde.

Somit sind die Menschen, die Vater, Mutter, Ehepartner oder andere Angehörige pflegen, deutlich häufiger einem Risiko von Armut ausgesetzt als die Bürger im Schnitt. Hier liegt das Armutsrisiko bei 16 Prozent.

Pflegende Haushalte seien zudem häufiger Empfänger von staatlicher Sozialleistungen: Mit einem Anteil von rund 55 Prozent sei ihr Anteil um sieben Prozentpunkte höher als in der Gesamt­bevölkerung. Laut DIW haben insbesondere jüngere Pflegepersonen ein hohes Armutsrisiko. Bei Personen ab 65 Jahren sei das Armutsrisiko fast durchschnittlich.

„Pflegen macht arm“, sagte VdK-Präsidentin Verena Bentele. Das sei die erschütternde Wahrheit, die man mit diesen Studien genau belegen könne. Bentele forderte daher die Einführung eines Gehalts für pflegende An­gehörige.

„Die Höhe sollte sich nach dem Aufwand der Pflege richten.“ So ein Gehalt würde laut DIW besonders Frauen helfen, die bereits ihre Arbeit reduziert oder ganz aufgegeben haben, sowie Eltern von pflegebedürftigen Kindern.

Laut einer weiteren Erhebung im Auftrag des VdK haben 49 Prozent aller Pflegenden nach eigenen Angaben ihre Arbeitszeit aufgrund der Pflege reduziert. Die Befragung hatte der Pflegewissenschaftler Andreas Büscher von der Hochschule Osnabrück durchgeführt.

Wegen der reduzierten Arbeitszeit verlieren die Betroffenen Rentenpunkte und Gehalt, wie der VdK betonte. Laut Büscher werden in Deutschland 3,1 von 4,1 Millionen pflege­bedürftigen Menschen entweder allein von Angehörigen versorgt oder von Angehörigen und ambulanten Pflegediensten.

Laut der Umfrage sind für ein Drittel der Pflegenden finanzielle Sorgen ein täglicher Wegbegleiter. Viele verzichteten auf professionelle Entlastung, weil diese ihre finanzielle Situation noch verschärfen würde.

Mehr als 50 Prozent geben an, Leistungen wie Pflegedienst, Tages-, Verhinderungs- oder Kurzzeitpflege nicht weiter in Anspruch zu nehmen, weil sie zu viel dazuzahlen müssten.

Bentele sagte: „Es ist schockierend zu sehen, dass aus finanzieller Sorge heraus auf professionelle Unterstüt­zung und Entlastung verzichtet wird.“

dpa

Diskutieren Sie mit:

Diskutieren Sie mit

Werden Sie Teil der Community des Deutschen Ärzteblattes und tauschen Sie sich mit unseren Autoren und anderen Lesern aus. Unser Kommentarbereich ist ausschließlich Ärztinnen und Ärzten vorbehalten.

Anmelden und Kommentar schreiben
Bitte beachten Sie unsere Richtlinien. Der Kommentarbereich wird von uns moderiert.

Es gibt noch keine Kommentare zu diesem Artikel.

Newsletter-Anmeldung

Informieren Sie sich täglich (montags bis freitags) per E-Mail über das aktuelle Geschehen aus der Gesundheitspolitik und der Medizin. Bestellen Sie den kostenfreien Newsletter des Deutschen Ärzteblattes.

Immer auf dem Laufenden sein, ohne Informationen hinterherzurennen: Newsletter Tagesaktuelle Nachrichten

Zur Anmeldung