KBV kritisiert „Asynchronität“ bei Digitalisierung

Berlin – Bei der Digitalisierung im Gesundheitswesen stelle man oft eine „Asynchronität“ von gesetzlichen Fristen und den vorhandenen technischen Lösungen fest. Dieses Fazit zog heute Stephan Hofmeister, stellvertretender Vorstandsvorsitzender der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV).
Generell zeigen sich Vertragsärzte und -psychotherapeuten für eine sinnvolle Digitalisierung im Gesundheitswesen aber aufgeschlossen. Das gehe auch aus dem PraxisBarometer Digitalisierung 2020 der KBV hervor. Die Praxen seien an einer weiteren Digitalisierung interessiert, betonte Hofmeister. Eine Voraussetzung sei allerdings, dass der Mehrwert der Digitalisierung klar erkennbar sei. Dies sei beispielsweise bei der Nutzung etablierter Instrumente wie der aufgrund der Coronapandemie verstärkt durchgeführten Videosprechstunden der Fall.
Die Neueinführung von „halbgaren Lösungen“ sehe man jedoch kritisch. Hofmeister verwies beispielhaft auf die elektronische Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (eAU). Diese stelle ein „Massengeschäft“ dar, bei welchem man sich Fehleranfälligkeit nicht leisten könne.
„Dann sind – zu Recht – Skepsis und mangelndes Vertrauen die Folge bei den niedergelassenen Ärztinnen und Ärzten“, erklärte KBV-Vorstandsmitglied Thomas Kriedel. Akzeptanz erziele man nicht, indem man unter Strafandrohungen zu enge zeitliche Ziele setze.
Laut der Befragung im Rahmen des PraxisBarometers ist eine große Mehrheit der Praxen der Meinung, dass die Videosprechstunde sich gut oder sehr gut für die Besprechung von Untersuchungsergebnissen (69 Prozent), Arzt-Patienten-Gespräche ohne Untersuchung (69 Prozent) und die Anamnese (61 Prozent) eignet.
An ihre Grenzen stoße sie bei der Diagnosestellung und der weiteren Veranlassung, etwa bei einem Infekt der oberen Atemwege: Nur 16 Prozent halten die Videosprechstunde dafür geeignet.
Das persönliche Arzt-Patienten-Gespräch sei und bleibe also "weiterhin der Goldstandard". Dies zeigen auch die Ergebnisse beim Thema Fernbehandlung. Etwas mehr als die Hälfte der Praxen lehnen Fernbehandlungen dann ab, wenn sie den Patienten nicht umittelbar zuvor persönlich gesehen haben“, betonte Hofmeister.
Als großes Hemmnis der Digitalisierung nannten mehr als 80 Prozent der Befragten die Fehleranfälligkeit der EDV-Systeme. Ein knappes Drittel der Praxen bemängelte monatlich technische Fehler der Telematikinfrastruktur (TI), bei einem weiteren Drittel treten diese wöchentlich und bei nahezu jedem Zehnten täglich auf.
Das IGES-Institut hat die Erhebung im Auftrag der KBV durchgeführt. 2.193 Ärzte und Psychotherapeuten nahmen im Sommer 2020 an der Onlinebefragung teil.
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