Ärzteschaft

Kinderärzte wollen weitreichendere Impfpflicht und Zuckersteuer

  • Freitag, 24. Mai 2019
/stalnyk, stock.adobe.com
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Weimar – Eine Impfpflicht für Kinder nur gegen Masern geht dem Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte (BVKJ) nicht weit genug. Sie müsse auch andere von der Ständigen Impfkommission (STIKO) empfohlene Schutzimpfungen, etwa gegen Keuchhusten oder Pneumokokken-Infektionen, umfassen. Das sagte Verbands­präsi­dent Thomas Fisch­bach heute zum Auftakt eines bundesweiten Ärztekongresses in Weimar.

Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) hatte jüngst einen Gesetzentwurf vor­gelegt, wonach eine Masern-Impfpflicht für Kinder in Kindergärten und das Personal in Kitas und Schulen sowie in Gesundheitseinrichtungen, wenn Patientenkontakt be­steht, ab März 2020 kommen soll. Der Verband unterstützt dies, mahnt aber an, dass eine Impfpflicht in ein Gesamtkonzept eingebettet sein müsse, betonten die Mediziner.

Fischbach verwies auch darauf, dass Regelungen für nicht geimpfte junge Erwach­se­ne in dem Gesetzentwurf fehlten. Zahlreiche neue Masernausbrüche in Deutschland seien zuletzt auf Impflücken in dieser Altersgruppe zurückgegangen. Der Verbands­chef plädierte außerdem für ein nationales Register, in dem Impfstatus und Impflücken erfasst werden, sowie den Aufbau „konsequenter Erinnerungssysteme“ für Eltern, die Impftermine versäumen.

Hilfreich wäre es aus seiner Sicht auch, wenn Kinder- und Jugendärzte in ihren Praxen bei Impfterminen auch gleich ungeimpfte Eltern von Kindern immunisierten. Problem hierbei seien unterschiedliche Vergütungsregelungen für diese Mediziner je nach Bundesland.

Bei der Frage der Impfpflicht sind Politik und Experten gespalten. Es gibt auf allen Seiten Gegner und Befürworter. Das zeigte sich auch heute wieder im Landtag von Sachsen-Anhalt. Die Abgeordneten stimmten dort heute für einen Antrag, den die Koalition von CDU, SPD und Grünen gemeinsam mit der oppositionellen Linken eingebracht hatte. Die AfD enthielt sich, sprach sich in der Debatte zuvor gegen eine Pflicht aus.

In dem fraktionsübergreifenden Antrag wird auf ein bundesweit einheitliches Vorgehen zu einer Masern-Impfpflicht gedrängt. Parallel dazu soll die Landesregierung aber eine landesspezifische Lösung vorbereiten, falls das bundesweite Vorgehen scheitert. Zu­dem brauche es mehr Aufklärung und Information.

Der dreitägige Kongress der Kinderärzte mit rund 350 Teilnehmern beschäftigt sich nicht nur mit dem Thema impfen, sondern auch etwa mit Strate­gien gegen Überge­wicht bei Kindern. Kritik übte der Verband dabei an Bundeslandwirt­schafts­minis­terin Julia Klöckner (CDU). Es wie von ihr beabsichtigt den Lebensmittel­herstellern zu über­lassen, Fett- und Zuckergehalt in ihren Produkten zu verringern, sei „ein Skandal“, hieß es.

Dies werde seit Jahren probiert, bewirkt habe es nichts, sagte Fischbach. „Wenn Sie den Sumpf trockenlegen wollen, dürfen Sie nicht die Frösche fragen.“ Der Verband fordert eine Zuckersteuer, einfache Kennzeichnungen der Inhaltsstoffe von Lebens­mitteln auf den Verpackungen und ein Werbeverbot für Produkte, die sich speziell an Kinder richten. In Deutschland haben nach Verbandsangaben rund 1,1 Millionen Kin­der und Jugendliche zu viel Fett auf den Rippen, 800.000 davon sind sogar stark übergewichtig.

dpa/may

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