Ärzteschaft

Kinderärztlicher Bereitschaftsdienst: KV Hessen zieht positive Bilanz

  • Montag, 16. Oktober 2017
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Frankfurt am Main – Bei seiner Einführung wurde er zugleich gelobt und kritisiert – der kinderärztliche Bereitschaftsdienst der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) Hessen. Nach einem Jahr fällt die Bilanz aber weitgehend positiv aus.

„Die Wartezimmer sind voll, teils sehr voll“, sagt der stellvertretende KV-Landeschef Eckhardt Starke. An Standorten wie Frankfurt-Höchst und Offenbach wolle man deshalb bald weitere Behandlungsräume schaffen, um die Wartezeiten zu verkürzen. Die seien „kürzer als kolportiert“, allerdings sei die Anspruchshaltung der Bevölkerung „extrem hoch“. Nach Starkes Einschätzung hat „die überwiegende Mehrheit“ der hessischen Kinder- und Jugendärzte die neuen Dienste gut aufgenommen.

Flächenabdeckung schwierig

„Einzelne kritische Stimmen gibt es auch – das wollen wir nicht verschweigen. Hier stehen wir im Dialog“, sagte Starke. Er wertet den Dienst insgesamt als Erfolg. „Keinem anderen Bundesland ist es bisher gelungen, einen flächendeckenden kinderärztlichen Bereitschaftsdienst zu implementieren. Damit ist Hessen bundesweit vorbildlich“, sagt er.

Doch mit hessenweit elf Standorten liegt das Angebot immer noch weit unter dem des allgemeinen ärztlichen Bereitschaftsdienstes (ÄBD). Das war und bleibt ein Kritikpunkt. „Wirklich flächendeckend ist so ein Dienst nicht zu installieren, gerade in ländlichen Gebieten müssen Eltern daher oft weite Wege zurücklegen“, sagte die Sprecherin des Berufsverbands der Kinder- und Jugendärzte in Hessen, Barbara Mühlfeld.

Zu wenig Kinderärzte

Diese Ansicht vertritt auch Rainer Greunke, Geschäftsführender Direktor der Hessischen Krankenhausgesellschaft. „Die Einrichtung von kinderärztlichen Bereitschafts­dienst­praxen war und ist begrüßenswert. Nichtsdestotrotz werden weiterhin in den Notaufnahmen der Krankenhäuser ambulante pädiatrische Notfälle versorgt“, betonte er. Dies liege zum einen daran, dass ein Großteil der Bevölkerung nach wie vor nicht wisse, dass solch ein Bereitschaftsdienst existiere und zum anderen daran, dass die Wege teilweise recht weit seien.

Eine Familie in Rüsselsheim müsse beispielsweise zwischen 20 und 30 Kilometer zur nächsten kinderärztlichen Bereitschaftsdienstpraxis fahren. Ein Grund für dieses Problem sei aber, dass es grundsätzlich sehr viel weniger Kinderärzte als Allgemein­mediziner gebe. So sind in Hessen derzeit laut KV 460 Kinderärzte niedergelassen, bei den Hausärzten sind es 4.052.

Ein Argument für den kinderärztlichen Bereitschaftsdienst bleibe, „dass Eltern mit ihren erkrankten Kindern zu einem Arzt gehen können, der eine kinderärztliche Kompetenz hat“, erklärte Mühlfeld aber auch. Für viele Eltern sei es wichtig, dass sie einen Facharzt aufsuchen könnten. So würden zudem Ambulanzen von Krankenhäusern und Kinderkliniken entlastet.

Doch im Gegensatz zu diesen Ambulanzen steht die Kinderarzt-Bereitschaft nicht rund um die Uhr zur Verfügung. Die Sprechzeiten sind sehr viel kürzer als die des ÄBD – in Gelnhausen und Wiesbaden ist beispielsweise mittwochs bis freitags von 16 bis 20 Uhr, am Wochenende und an Feiertagen von 9 bis 20 Uhr geöffnet.

Angebot angepasst

„Wir haben das Angebot an das angepasst, was wir als Kernzeiten sehen. Dabei haben wir die Erfahrungen aus dem ärztlichen Bereitschaftsdienst zugrunde gelegt“, erklärte Karl Matthias Roth von der KV. Hausbesuche gibt es beim kinderärztlichen Bereit­schafts­dienst nicht. Dafür sehe man momentan keinen Bedarf, sagte Roth. Er erläu­terte, dass Eltern mit ihren Kindern auch den allgemeinen ÄBD nutzen könnten. „Ein medizinischer Spezialist ist nicht immer notwendig.“

Nach Ansicht Mühlfelds zeigt sich ein grundsätzliches Problem: Seien die Bereit­schafts­dienste für Kinder geschlossen, würden viele Eltern mit ihren kranken Söhnen oder Töchtern doch wieder in die Ambulanzen der Kinderkliniken und Krankenhäuser fahren. „Durch das relativ umfassende Angebot erleben wir als Kinderärzte nicht nur eine starke Inanspruchnahme, sondern auch ein steigendes Anspruchsdenken. Insofern ist der Dienst, den ich grundsätzlich sehr positiv bewerte, auch ein zweischneidiges Schwert“, erklärte sie.

Nach dem kinderärztliche Bereitschaftsdienst denkt die KV darüber nach, ab 2018 im Land auch einen augenärztlichen Bereitschaftsdienst zu initiieren. Dieser soll an ausgewählten Augenkliniken angesiedelt werden.

dpa

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