Ärzteschaft

Kinderschutz braucht stärkere Lobby

  • Montag, 20. Mai 2019
/WavebreakmediaMicro, stockadobecom
/WavebreakmediaMicro, stockadobecom

Lünen – Jugendmediziner haben einen besseren Schutz für Kinder vor Gewalt und eine stärkere Lobby für die Kleinsten gefordert. Tagtäglich würden Jungen und Mäd­chen Opfer von Vernachlässigung, Missbrauch und Misshandlung, sagte Tanja Brü­ning, Leiterin der Medizinischen Kinderschutzambulanz an der Vestischen Kinder- und Jugendklinik Datteln, am Rande einer Expertenveranstaltung in Lünen.

Ärzte fühl­ten sich „ganz klar zuständig“, Gewalt zu erkennen und zu beenden. Doch Mediziner be­nötigten politischen und finanziellen Rückhalt, um wirksam helfen zu können, betonte die Tagungspräsidentin.

Erschütternde Fälle wie der jahrelange Missbrauch von mehr als 40 Minderjährigen in Lügde zeigten, wie wichtig die enge Zusammenarbeit von Medizinern, Jugendämtern und Strafverfolgungsbehörden sei. Das multiprofessionelle Zusammenwirken müsse besser werden, forderte Bernd Herrmann, Vorsitzender der Deutschen Gesellschaft für Kinderschutz in der Medizin (DGKiM). An der zweitägigen Veranstaltung nahmen auch Psychologen, Vertreter von Polizei, Staatsanwaltschaften oder Jugendhilfe teil. 

„Es geht oft nicht ohne die Expertise von Ärzten – schon beim schwierigen Erkennen von Missbrauch“, schilderte Herrmann. Kinderschutz sei sehr komplex, die Diagnose kompliziert, Gespräche mit Eltern, Jugendämtern und vielen Akteure innerhalb der Klinik seien erforderlich, oft brauche es Fallkonferenzen.

Nur ein kleinerer Teil dieses großen Zeit- und Finanzaufwands werde in der Regel von den Krankenkassen übernommen. Zudem brauche es eine ganz spezielle Qualifika­tion. Der Arzt sei Anwalt der Kinder und wichtiger Akteur im Kampf gegen Missbrauch, aber zugleich auf funktionierendes Netz angewiesen.

In NRW wurden 2018 laut Landeskriminalamt 2.422 Fälle von sexuellem Kindesmiss­brauch bekannt. 2017 hatten sich Jugendämter nach Angaben des Statistischen Lan­desamts mit fast 39.500 Fällen befasst, in denen Verdacht auf eine Gefährdung des Kindeswohls bestand.

dpa

Diskutieren Sie mit:

Diskutieren Sie mit

Werden Sie Teil der Community des Deutschen Ärzteblattes und tauschen Sie sich mit unseren Autoren und anderen Lesern aus. Unser Kommentarbereich ist ausschließlich Ärztinnen und Ärzten vorbehalten.

Anmelden und Kommentar schreiben
Bitte beachten Sie unsere Richtlinien. Der Kommentarbereich wird von uns moderiert.

Es gibt noch keine Kommentare zu diesem Artikel.

Newsletter-Anmeldung

Informieren Sie sich täglich (montags bis freitags) per E-Mail über das aktuelle Geschehen aus der Gesundheitspolitik und der Medizin. Bestellen Sie den kostenfreien Newsletter des Deutschen Ärzteblattes.

Immer auf dem Laufenden sein, ohne Informationen hinterherzurennen: Newsletter Tagesaktuelle Nachrichten

Zur Anmeldung