Politik

Kinderschutz: Thüringen will Missbrauchsdatenbank aufbauen

  • Freitag, 1. Juni 2018
/Deksbakh, stock.adobe.com
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Erfurt – Eine neue Fachstelle in Thüringen soll Kinder besser vor Gewalt und Vernachlässigung bewahren. Sie werde im Rahmen eines vierjährigen Modellprojekts am Helios-Klinikum in Erfurt angesiedelt, erklärte Bildungsminister Helmut Holter (Linke) heute in Erfurt. Dafür stelle das Land in den nächsten vier Jahren etwa 275.000 Euro zur Verfügung. Mit dem Geld sollen die Personal- und Sachkosten finanziert werden.

Ziel der Fachstelle sei es nicht nur, Fortbildungen für Kinderärzte zu organisieren und alle jene im Land besser zu vernetzen, die sich mit dem Schutz von Kindern beschäf­tigen, sage der Leiter der Kinderschutzambulanz am Helios-Klinikum, Kay Großer. Sie solle auch helfen, eine landesweite Datenbank aufzubauen. In ihr sollen alle Verdachts­fälle auf Missbrauch oder Vernachlässigung von Kindern erfasst werden.

Viele wechseln im Verdacht den Arzt

„Das hat natürlich sehr hohe Datenschutzanforderungen zu erfüllen“, sagte Großer. Trotzdem sei die Errichtung einer solchen Datenbank möglich. In der Region Duisburg habe es eine gegeben. Dabei sei schließlich auch durch Gerichte festgestellt worden, dass es zulässig sei, Verdachtsfälle auf Kindswohlgefährdungen zu speichern. Nach Angaben von Großer wechseln Eltern, die ihre Kinder schlagen oder vernachlässigen, sehr häufig und immer wieder die Kinderärzte, sobald ein Mediziner den Verdacht hat, ein Kind könnte misshandelt werden.

Ehe der neue Kinderarzt einen ähnlichen Verdacht hat, vergehe oft wertvolle Zeit, auch weil Missbrauch oder Vernachlässigung von Kindern keine Themen seien, die bei Kinderärzten jeden Tag vorkommen, wie der Leiter der Arbeitsgruppe „Gewalt gegen Kinder“ der Landesärztekammer Thüringen, Carsten Wurst, sagte. Andere Dinge seien im Arbeitsalltag der Mediziner viel präsenter.

Laut Bildungsministerium erfassten die Thüringer Behörden 2016 365 Fälle, in denen es den dringenden Verdacht gab, das Wohl eines Kindes könnte gefährdet sein: sehr häufig durch Vernachlässigung, immer wieder auch durch psychische oder physische Gewalt oder sexuellen Missbrauch. In weiteren 421 Fällen erfassten die Behörden einen vagen Verdacht auf Kindeswohlgefährdung.

In Thüringen gibt es zwei Kinderschutzambulanzen – in Erfurt und Jena – sowie neun Kinderschutzgruppen. Die Schutzgruppen sind an Kliniken im Land angesiedelt. Sie sollen laut Großer den Kinderschutz für stationär aufgenommene Kinder und Jugend­liche an den Krankenhäusern gewährleisten. Bei den Ambulanzen können junge Menschen unter anderem durch Kinderärzte oder Jugendämter vorgestellt werden, bei denen es den Verdacht auf Kindeswohlgefährdung gebe.

dpa

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