Klimawandel: Hautkrebsprävention stärken

Berlin – Der Klimawandel hat zunehmende Auswirkungen auf Hauterkrankungen – sowohl auf das Krebsrisiko als auch auf Infektionserkrankungen. Davon sprachen Experten heute bei einer Pressekonferenz anlässlich des diesjährigen Kongresses der Deutschen Dermatologie Gesellschaft (DDG).
Die Hautkrebsprävention sei aufgrund von vermehrter Sonneneinstrahlung besonders wichtig, erklärte die DGG. Dem Deutschem Wetterdienst zufolge ist das vergangene Jahr in Deutschland das sonnigste seit Messbeginn gewesen. Ende August hat es demnach bereits so viele Sonnenstunden gegeben wie in den Jahren 1961 bis 1990 durchschnittlich im ganzen Jahr.
In diesem Zusammenhang sei wichtig zu wissen, welche Belastungen am jeweiligen Tag zu erwarten seien, betonte Mark Berneburg, Direktor der Klinik und Poliklinik für Dermatologie am Universitätsklinikum Regensburg und Vorsitzender der Sektion Photodermatologie der Deutschen Gesellschaft für Photobiologie.
Weiterhelfen könnten beispielsweise Informationen vom Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) zu UV-Index und prognostizierten Tagesverläufen. Als Faustregel nannte Berneburg: „Je höher der UV-Index ist, desto schneller entsteht auf ungeschützter Haut ein Sonnenbrand und umso mehr muss man sich schützen.“
Hautkrebsscreening individualisieren
Julia Welzel, Direktorin der Klinik für Dermatologie und Allergologie am Universitätsklinikum Augsburg und Generalsekretärin der DDG, forderte alle Menschen auf zur Früherkennung zu gehen. Die meisten Krankenkassen zahlten ein Hautkrebsscreening ab 35 alle zwei Jahre, einige auch schon etwas früher, erklärte Welzel.
Die DDG sieht das jedoch nicht für alle Personen als passend an: „Wir haben die ganz eindeutige Meinung, dass man das Screening auch individualisieren sollte und müsste,“ so Welzel. Nach einer ersten Untersuchung könnte das Hautkrebsrisiko eines Patienten abgeschätzt und die Screeningabstände individualisiert werden.
„Es gibt Patienten, die müssen wir deutlich häufiger sehen und es gibt welche, die mit großer Gelassenheit ins Leben gehen dürfen“, so Welzel. Die Altersgrenze von 35 Jahren sei artifiziell, es gäbe sogar in seltenen Fällen auch Hautkrebs bei Kindern.
Zusätzlich zum Hautkrebsscreening, kann auch künstlich Intelligenz gegebenenfalls die Prävention verbessern. „Es gibt inzwischen Apps, mit denen eine Hautkrebsfrüherkennung versucht werden kann“, sagte Welzel. Zwar hätten diese alle noch ihre Fallstricke, doch laut Stiftung Warentest hätten einige bereits gute Noten bekommen.
Resistenzen nehmen zu
Nicht nur in der Verbreitung von Hautkrebs, sondern auch bei Infektionserkrankungen spielt der Klimawandel eine wichtige Rolle.
„Angesichts der klimatischen und geographischen Veränderungen kann man davon ausgehen, dass es vermehrt zu einer Übertragung von Viren zwischen verschiedenen Spezies, auch ‚zoonotic spillover‘ genannt, kommt“, erklärte Mario Fabri aus der Arbeitsgemeinschaft für Dermatologische Infektiologie und Tropendermatologie der DDG. Aktuelle Beispiele seien das SARS-CoV-2-Virus und Ausbrüche mit dem Ebolavirus.
Gleichzeitig würden Resistenzen gegen Antiinfektiva zunehmen. Gründe dafür seien unter anderem die Ausbreitung von Mücken, Zecken, Flöhen, Vögeln und andere Vektoren die für den Menschen gefährliche Krankheitserreger verbreiteten sowie die Anpassung von Keimen auf die Therapie in Form von Resistenzen. Hinzu käme eine stärkere Reiseaktivität der Menschen.
„Wir sind eins der Fächer, die die meisten Antibiotika verschreibt“, sagte Fabri. In Deutschland sei man aktuell noch selten den unmittelbaren Konsequenzen ausgesetzt. „Es braucht ein Umdenken. Wir sollten in den großen Bereichen der Haut- und Geschlechtskrankheiten, in denen sehr regelmäßig Antibiotika eingesetzt werden, die Verwendung genauer prüfen und die Antiinfektiva optimiert einsetzen“, forderte der Kölner Dermatologe.
Er wies jedoch auch darauf hin, dass der Einsatz von Antibiotika bei bestimmten Erkrankungen sehr wichtig sei. Um Resistenzen gegen Antibiotika zu verhindern sowie Infektionen einzuschränken sind Fabri zufolge Impfungen ein exzellentes Mittel. Eine andere Möglichkeit Antibiotika einzusparen sei es, die natürliche Abwehr des Menschen zu stärken. Ein Beispiel dafür seien breit neutralisierende Antikörper, wie sie etwa in der HIV oder COVID-Therapie eingesetzt würden.
Resistenter Dermatophyt in Indien
Neben dem breiten Einsatz von Antibiotika sorgt auch Cortison für Resistenzen. „Es gibt in Indien Dermatophyten, die praktisch nicht mehr behandelbar sind, weil sie eine Resistenz gegen alle gängigen Antimykotika haben“, sagte Fabri.
Die Rede ist von Trichophyton indotineae oder Trichophyton mentagrophytes Genotyp VII. In Indien sei Cortison frei verkäuflich und die Patienten schmierten es „tonnenweise“ auf die Haut. Das nehme zunächst die Entzündung heraus, würde aber dazu führen, dass die Pilze massiv weiterwachsen.
Indien sei dadurch zu einem Hotspot geworden. „Aktuell gibt es kein Antimykotikum, das sicher gegen diese Pilzerkrankung hilft“, so Fabri.
Zurzeit werde man noch versuchen, lange mit Itroconazol augrund einer Restempfindlichkeit zu behandeln in Kombination mit einer lokalen Therapie mit Ciclopirox, erklärte er dem Deutschen Ärzteblatt auf Nachfrage. „Es bleibt spannend abzuwarten, wie lange es dauert, bis das zu einem globaleren Problem wird.“
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