Politik

Klinikschließungen: Längere Fahrzeiten, weniger Behandlungen

  • Donnerstag, 28. Juli 2022
/celiafoto, stock.adobe.com
/celiafoto, stock.adobe.com

Essen – Deutschland hat nach Meinung vieler Fachleute mit 1.900 viel zu viele Krankenhäuser. Welche Aus­wirkung die Schließung von Kliniken haben könnte, hat das Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung (RWI) in Essen untersucht.

Einer heute veröffentlichten Analyse zufolge hat sich durch die Schließung von 18 Krankenhäusern zwischen 2015 und 2018 die Fahrzeit mit dem Auto zum nächsten Krankenhaus für rund 700.000 Menschen um durch­schnittlich rund sieben Minuten verlängert. Zudem sank die Rate der Krankenhausaufenthalte in der betroffe­nen Bevölkerung.

Ein genauerer Blick zeigt: Rund drei Viertel der Betroffenen brauchten nach der Schließung weniger als zehn Minuten länger zum nächsten Krankenhaus. Für rund zehn Prozent verlängerte sich die Fahrzeit allerdings um mehr als 20 Minuten.

Die Schließungen verringerten zudem die Krankenhausaufenthalte in der betroffenen Bevölkerung. Bei Perso­nen, für die sich die Fahrtzeit zum nächsten Krankenhaus verlängerte, sank die Wahrscheinlichkeit, dass sie im Jahr nach der Schließung mindestens einmal in einem Krankenhaus behandelt wurden, von knapp 15 Prozent um gut 0,3 Prozent­punkte im Vergleich zu nicht betroffenen Personen.

Im zweiten Jahr nach der Schließung sank die Wahrscheinlichkeit um knapp 0,5 Prozentpunkte. Das entspricht einem Rückgang um gut zwei beziehungsweise drei Prozent.

Die Wissenschaftler betonen, dass die Daten keine Rückschlüsse darauf zulassen, ob die wegfallenden Kran­ken­­hausaufenthalte auch dringende Fälle betreffen. In diesem Fall könnten die Schließungen ein erhöhtes Gesund­heitsrisiko in der betroffenen Bevölkerung bedeuten.

Sollten die wegfallenden Krankenhausaufenthalte haupt­sächlich Patienten mit leichten Erkrankungen betref­fen, die stattdessen ambulant behandelt werden können, würde dies für eine effizientere Gesundheitsversor­gung mit tendenziell besserer Versorgungs­qualität sprechen.

„Angesichts des Personalmangels im Gesundheitswesen und der alternden Bevölkerung ist die Zusammen­le­gung von Kliniken in vielen Fällen eine wichtige Maßnahme, um die Effizienz zu erhöhen und eine personelle Mindestbe­setzung zu gewährleisten“, erklärte RWI-Gesundheitsökonomin Anne Mensen.

Zudem könne die Schließung kleiner Kliniken zu einer besseren Behandlungsqualität führen, da die Patien­tinnen und Patienten von stärker speziali­siertem Personal behandelt werden könnten.

Mensen betont: „Damit auch für ältere und weniger mobile Menschen eine angemessene Versorgung gewähr­leistet ist, müssen Krankenhausschließungen sorgfältig geplant werden und mit Konzepten zur Ausweitung der ambulanten Versorgung einhergehen.“

kna

Diskutieren Sie mit:

Diskutieren Sie mit

Werden Sie Teil der Community des Deutschen Ärzteblattes und tauschen Sie sich mit unseren Autoren und anderen Lesern aus. Unser Kommentarbereich ist ausschließlich Ärztinnen und Ärzten vorbehalten.

Anmelden und Kommentar schreiben
Bitte beachten Sie unsere Richtlinien. Der Kommentarbereich wird von uns moderiert.

Es gibt noch keine Kommentare zu diesem Artikel.

Newsletter-Anmeldung

Informieren Sie sich täglich (montags bis freitags) per E-Mail über das aktuelle Geschehen aus der Gesundheitspolitik und der Medizin. Bestellen Sie den kostenfreien Newsletter des Deutschen Ärzteblattes.

Immer auf dem Laufenden sein, ohne Informationen hinterherzurennen: Newsletter Tagesaktuelle Nachrichten

Zur Anmeldung