Koalition streitet erneut um Pflegeausbildung

Berlin – Um die Pflegeberufeausbildung ist heute erneut ein heftiger Streit in der großen Koalition entbrannt. Nach Informationen des Deutschen Ärzteblattes wurde ein Kompromiss, den SPD-Fraktionsvize Karl Lauterbach gemeinsam mit Georg Nüßlein (CSU) ausgehandelt hat, von den Mitgliedern der SPD-Fraktion in einer hitzigen Debatte wieder kassiert. Auch das Bundesfamilienministerium, das gemeinsam mit dem Bundesgesundheitsministerium die ursprünglichen Pläne erarbeitet hat, soll sich gegen den Kompromiss gestellt haben.
Die Gespräche unter den SPD-Abgeordneten sollen am Abend weiterlaufen. Ob es am Ende noch eine Einigung geben wird, ist offen, möglicherweise muss der Koalitionsausschuss morgen entscheiden. Dabei sah zunächst alles nach einer Einigung aus, für die bereits eine Pressekonferenz anberaumt war. Lauterbach und Nüßlein wollten gemeinsam ihren „Entwurf für einen Alternativvorschlag zum Pflegeberufsgesetz“ vorstellen. Dieser sollte vermeintlich von den Fraktionen abgesegnet sein. Letzendlich trat Nüßlein dann in der Fraktionsebene des Bundestags alleine vor die Presse.
Generalistik mit Anschlusspezialisierung
Der Kompromiss sieht vor, dass es künftig eine zweijährige gemeinsame generalistische Pflegeausbildung für die Berufe Kinderkrankenpfleger und Altenpfleger sowie den neuen sogenannten generalistischen Pflegeabschluss, der aus dem Krankenpfleger hervorgeht, geben soll. Nach den beiden ersten Ausbildungsjahren sollen die Pflegeschüler wählen können, auf welchen der drei Berufe sie sich spezialisieren wollen. Die Schulen müssen – soweit die Möglichkeit nicht schulintern besteht – die generalisierten Ausbildungsteile durch Kooperation mit anderen Schulen sicherstellen.
Der Vorschlag beinhaltet auch, das vorgeschlagene Modell nach sechs Jahren zu evaluieren. „Haben sich von den Auszubildenden der Alten- und Kinderkrankenpflege, die zwischen den separaten Abschlüssen und der Generalistik gewählt haben, mehr als 50 Prozent für den generalistischen Abschluss entschieden, dann soll der getrennte Abschluss abgeschafft werden“, heißt es im Papier. Über die Abschaffung oder Beibehaltung der getrennten Abschlüsse solle am Ende der Bundestag nach Vorliegen des Evaluationsberichts entscheiden. Die Neuregelungen sollen erstmals für die Ausbildungsjahrgänge ab 2019 gelten.
Am Rande der eilig einberufenen Pressekonferenz betonten einige Gesundheitspolitiker, dass sie den Kompromiss mittragen können. „Ich bin mit dem Kompromiss zufrieden“, sagte Erwin Rüddel (CDU). Edgar Franke (SPD), Vorsitzender des Bundestagsgesundheitsausschusses, erklärte, dass er mit dem Kompromiss leben könne. Es sei aber nicht absehbar, ob noch in dieser Parlamentswoche eine Einigung gefunden werden könne. Elisabeth Scharfenberg (Grüne) nannte den Kompromiss hingegen eine „Quadratur des Kreises“. „Hier wird es offenbar jedem recht gemacht“, sagte sie am Rande vor Journalisten.
Das ursprüngliche Modell sah eine einheitliche dreijährige Ausbildung zum Pflegefachmann oder zur Pflegefachfrau vor. Die bisherigen Berufe sollten abgeschafft werden. Gegen die im Januar 2016 im Kabinett beschlossene und im März 2016 erstmals im Bundestag beratene Reform gab es bis zuletzt Widerstand aus der CDU/CSU-Fraktion. Unionspolitiker warnten insbesondere davor, dass Hauptschüler von den gestiegenen Anforderungen überfordert würden und als Altenpflegekräfte wegfielen.
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