Ärzteschaft

Kodierfachkräfte können Erlöse für Krankenhäuser deutlich steigern

  • Mittwoch, 31. Mai 2017
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Mit einer sorgfältigen Dokumentation der Leistungen mit hoher Kodierqualität könnten Kliniken die Erlöse pro Fall noch steigern. /arrowsmith2, stock.adobe.com

Stuttgart – Erst wenige orthopädische Kliniken in Deutschland beschäftigen Kodierfachkräfte für die komplizierten Abrechnungen mit Krankenkassen. Dabei könnten einige Kliniken ihre Erlöse schätzungsweise um mehr als 30 Prozent steigern. Das zeigt eine prospektive Pilotstudie bei 200 stationären Fällen an einer deutschen Universitätsklinik für Orthopädie und Unfallchirurgie, die in der Zeitschrift für Orthopädie und Unfallchirurgie veröffentlicht wurde (2017, DOI: 10.1055/s-0042-116682).

Die Zuordnung eines Patienten zu einer Fallpauschale erfolgt aufgrund verschiedener Kriterien, wie etwa der Haupt- und Nebendiagnose, Prozeduren, Alter des Betroffenen oder Leistungen wie Beatmungsstunden. Auf Grundlage dieser Angaben kodieren Klinikmitarbeiter jeden Patienten und errechnen so den Erlös für die erbrachten Leistungen. Anfangs übernahmen weitestgehend die Ärzte selbst diese Aufgabe. Viele Kliniken hätten jedoch erkannt, dass ihre Angaben oft unvollständig seien, weil ihnen die dafür notwendigen Kodierkenntnisse fehlen. Für die Kliniken könne dies einen erheblichen Verlust von Erlösen bedeuten, warnt Frank Burger vom Institut für Forschung in der Operativen Medizin (IFOM) an der Universität Witten/Herdecke, einer der Autoren der Studie.

In der Studie führten betriebswirtschaftlich ausgebildete Gesundheitsökonomen die Kodierung von 200 Behandlungsfällen einer Klinik durch. In einer Vergleichsgruppe übernahmen Ärzte die Aufgabe, die sich ohne gesundheitsökonomische Zusatz­ausbildung in das DRG-System eingearbeitet hatten.

Erlössteigerung von 218 Euro pro Minute

Dabei kamen die Wissenschaftler zu folgendem Ergebnis: Die Erlöse für die Klinik waren im Durchschnitt pro Fall um 2.472,50 Euro höher (33,2 Prozent), wenn die Kodierfachkräfte die DRG-Daten für die Krankenkassen zusammengestellt hatten (4.973 versus 7.446 Euro pro Fall). Die Kodierexperten benötigten zudem pro Fall nur etwas mehr als elf Minuten. Dies ergibt laut Burger eine Erlössteigerung von 218 Euro pro Minute.

Bei Personalkosten von 70 Cent pro Minute, was einem Stundenlohn von 42 Euro pro Stunde entsprechen würde, rechne sich die Beschäftigung von Fachpersonal für die Kliniken auf jeden Fall, urteilt Burger. Zudem sei die Gefahr, dass Kodierfachkräfte Leistungen übersehen, gering: In der Studie hatten sie nur in zweieinhalb Prozent der Fälle einen geringeren Erlös errechnet als die behandelnden Ärzte.

Angesicht dieser Ergebnisse könnte vermutet werden, dass Kliniken vermehrt qualifiziertes Personal einsetzen. Eine zusätzliche Umfrage Burgers unter 60 orthopädischen Fachkliniken ergab jedoch, dass dort nur 19 Prozent der Kodierungen durch Fachkräfte durchgeführt wurden; in 69 Prozent erfassten die behandelnden Ärzte die DRG-Daten. In den anderen Fällen teilten sie sich die Arbeit. Mehr als 60 Prozent der Teilnehmer waren mit der gegenwärtigen Kodierung zufrieden. Dabei lag der Mittelwert an abgerechneten DRG-Kasuistiken mit 1.277 Euro pro Fall noch unter dem errechneten Erlös der Pilotstudie.

Burger rät den Kliniken daher dringend, ihre Zurückhaltung gegenüber der Beschäf­tigung von Kodierfachkräften zu überdenken, da sie sonst ihre Wirt­schaftlichkeit gefährden würden. Gleichzeitig weist er darauf hin, dass eine „Steigerung um die in der Studie erarbeiteten 33,2 Prozent die Versicherungen nur tragen wollen und können würden, wenn sie die höheren Kosten an die Versicherten weiterreichen könnten.“ Denn bereits im Jahr 2009 beanspruchten die Gesamtausgaben deutscher Kliniken mit 67,2 Milliarden Euro einem Drittel des Gesamtbudgets des deutschen Gesundheitswesens.

gie/EB

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