Ausland

Kommission schlägt Fristverlängerungen für Zertifizierung von Medizinprodukten vor

  • Freitag, 6. Januar 2023
EU-Kommissionsvizepräsident Margaritis Schinas und EU-Kommissarin für Gesundheit, Stella Kyriakides /picture alliance, ASSOCIATED PRESS, Olivier Hoslet
EU-Kommissionsvizepräsident Margaritis Schinas und EU-Kommissarin für Gesundheit, Stella Kyriakides /picture alliance, ASSOCIATED PRESS, Olivier Hoslet

Brüssel – Die Europäische Kommission hat vorgeschlagen, mehr Zeit für die Zertifizierung von Medizinproduk­ten einzuräumen und so das Risiko von Engpässen zu mindern. Der Vorschlag sieht längere Übergangsfristen für die Umstellung auf die neuen Vorschriften der Verordnung über Medizinprodukte vor.

Für Medizinprodukte, für die vor dem 26. Mai 2021 eine Bescheinigung oder eine Konformitätserklärung ausge­stellt wurde, soll der Zeitraum für die Umstellung auf die neuen Vorschriften bei Produkten mit höherem Risiko (wie Herzschrittmacher und Hüftimplantate) vom 26. Mai 2024 bis zum 31. Dezember 2027 verlängert werden. Bei Produkten mit mittlerem und geringerem Risiko (wie Spritzen oder wiederverwendbare chirurgische Instru­mente) soll sie bis zum 31. Dezember 2028 gelten.

Die Verlängerung wird der Kommission zufolge an bestimmte Bedingungen geknüpft. Nur für Produkte, die sicher seien und für die die Hersteller bereits Schritte im Hinblick auf den Übergang zu den Regelungen der Verordnung über Medizinprodukte eingeleitet hätten, werde mehr Zeit gewährt, hieß es.

Mit dem Vorschlag soll auch für implantierbare Sonderanfertigungen der Klasse III ein Übergangszeitraum bis zum 26. Mai 2026 eingeführt werden, wodurch die Hersteller mehr Zeit erhalten sollen, um eine Zertifizierung durch eine sogenannte Benannte Stelle zu erlangen. Auch in diesem Fall sei der Übergangszeitraum davon abhängig, dass vom Hersteller vor dem 26. Mai 2024 eine Konformitätsbewertung für Medizinprodukte dieses Typs beantragt werde.

Um den mit diesen Änderungen vorgeschlagenen Übergangszeiträumen Rechnung zu tragen, wird die Gültigkeit von Bescheinigungen, die bis zum 26. Mai 2021 – dem Geltungsbeginn der Verordnung über Medizinprodukte – ausgestellt wurden, durch den Vorschlag verlängert.

Die Kommission schlägt darüber hinaus vor, die derzeit in der Verordnung über Medizinprodukte und in der Verordnung über In-vitro-Diagnostika festgelegte „Abverkaufsfrist“ zu streichen. Diese Abverkaufsfrist entspricht dem Enddatum, nach dem Produkte, die bereits in Verkehr gebracht wurden und im Handel noch erhältlich sind, vom Markt genommen werden sollten.

Durch den Wegfall dieser Abverkaufsfrist werde sichergestellt, dass sichere und wichtige Medizinprodukte, die bereits in Verkehr gebracht wurden, den Gesundheitssystemen sowie den Patienten, die darauf angewiesen seien, weiterhin zur Verfügung stehen, so die Kommission.

Diese weist darauf hin, dass der Vorschlag nichts an den geltenden Sicherheits- und Leistungsanforderungen ändere, die in der Verordnung über Medizinprodukte festgelegt seien. Er ändere lediglich die Übergangsbe­stimmungen, damit den Herstellern mehr Zeit für den Übergang von den zuvor geltenden Vorschriften zu den neuen Anforderungen der Verordnung bleibe.

Kommission will Engpässe nicht zulassen

Grund für den Vorstoß sind unter anderem Kapazitätsprobleme bei den sogenannten Benannten Stellen, was dazu geführt hat, dass viele Medizin­pro­dukte bisher nicht zertifziert sind. Damit drohen Engpässe in der EU. Das will die Kommission verhindern.

„Wir werden auf keinen Fall zulassen, dass schwerwiegende Störungen der Versorgung mit verschiedenen Medizinprodukten auf dem Markt drohen, was die Gesundheitssysteme und ihre Fähigkeit zur Versorgung der Patientinnen und Patienten in Europa in Mitleidenschaft ziehen würde“, sagte EU-Kommissionsvizepräsident Margaritis Schinas.

EU-Gesundheitskommissarin Stella Kyriakides sieht das ebenso. Mehrere Umstände hätten dazu geführt, dass den Gesundheitssystemen in der gesamten EU Engpässe bei lebensrettenden Medizinprodukten für Patienten drohe.

„Heute schlagen wir einen neuen zeitlichen Ablauf vor, um den Herstellern Sicherheit zu bieten, damit unver­zichtbare Medizinprodukte weiter hergestellt werden können, kurzfristig jegliches Risiko von Engpässen verrin­gert und der Zugang für die am meisten auf diese Produkte angewiesenen Patientinnen und Patienten gewähr­leistet wird“, so Kyriakides.

Sie rief das Europäische Parlament und den Rat auf, den Vorschlag zügig anzunehmen. Die Mitgliedstaaten und die sogenannten Benannten Stellen sollten gemeinsam mit der Wirtschaft dafür Sorge tragen, dass der Über­gang zu den neuen Vorschriften der Verordnung über Medizinprodukte ohne weitere Verzögerung ablaufe.

Der Vorschlag muss nun vom Europäischen Parlament und vom Rat im Wege eines beschleunigten Mitentscheidungsverfahrens angenommen werden.

Der Bundesverband Medizintechnologie (BVMed) sieht in dem von der EU-Kommission vorgelegten Vorschlag ein gutes Signal. „Es ist gut, dass die Kommission jetzt Tempo macht“, sagte BVMed-Geschäftsführer und Vor­standsmitglied Marc-Pierre Möll. Jetzt müsse im Schnellverfahren eine Einigung mit Parlament und Rat erzielt werden.

may/EB

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