Politik

Korruption bei Ärzten: Union droht mit verschärftem Strafrecht

  • Mittwoch, 2. Januar 2013
Uploaded: 02.01.2013 09:11:47 by mis
Jens Spahn dapd

Berlin – Ärztekammern und Kassenärztliche Vereinigungen machen nach Auffassung von CDU und CSU zu wenig gegen Korruption im Gesundheitswesen. „Entweder beginnt die ärztliche Selbstverwaltung endlich eigenständig, die Dinge klar beim Namen zu nennen und aktiv zu bekämpfen, oder wir müssen eine Strafnorm schaffen, damit der Staats­anwalt aktiv wird“, sagte der gesundheitspolitische Sprecher der Unionsfraktion, Jens Spahn (CDU), der Frankfurter Allgemeinen Zeitung vom Mittwoch. Die Krankenkassen verlangten ebenfalls von der schwarz-gelben Bundesregierung, endlich gegen Korrup­tion bei niedergelassenen Ärzten vorzugehen.

Die Grenzen zwischen Kooperation und Korruption von Ärzten etwa mit Pharmafirmen seien unscharf. „So, wie es ist, kann es jedenfalls nicht bleiben“, meinte Spahn. Anti-Korruptionsorganisationen wie Transparency International behaupten, der Schaden für das Gesundheitssystem gehe in die Milliarden

Spahn forderte eine aktive Rolle der Ärztekammern und Kassenärztliche Vereinigungen bei Korruptionsbekämpfung. Das Argument der Ärztevertreter, es fehle ihnen an Ermittlungs- und Sanktionsbefugnissen, ließ der CDU-Politiker er nicht gelten. „Dann sollten sie uns schnellstens konkrete Vorschläge auf den Tisch legen, was wie geändert oder verschärft werden muss, damit sie ihre Arbeit tun können.“ Spahn sagte, wahrscheinlich müsste erst einmal fünf bis zehn Ärzten die Berufserlaubnis entzogen werden, „bis bei allen die nötige Sensibilität einkehrt“.

„Freiberuflichkeit darf kein Freibrief für Korruption sein – auch hier müssen strafrecht­liche Sanktionsmechanismen greifen“, sagte der Chef des AOK-Bundesverbandes, Jürgen Graalmann, der Berliner Zeitung vom Mittwoch.

Der Spitzenverband der Krankenkassen hat nach Informationen des Blattes bereits einen konkreten Gesetzesvorschlag ausgearbeitet. Danach sollen Bestechung und Bestechlichkeit mit einer Haftstrafe von bis zu drei Jahren geahndet werden.

Bundesgesundheitsminister Daniel Bahr (FDP) prüfe jedoch noch immer, ob die schwarz-gelbe Koalition überhaupt die Gesetze ändern wolle.  Der Bundesgerichtshof hatte im vergangenen Juni entschieden, dass freiberufliche Ärzte nicht unter den Tatbestand der Korruption des Strafgesetzbuches fallen, es dem Gesetzgeber aber ausdrücklich anheim gestellt, dies zu ändern. Angestellte Ärzte können wegen Bestechlichkeit und Vorteilsnahme nach dem Strafgesetzbuch belangt werden.

KBV: Ärzte dürfen sich auch jetzt schon nicht bestechen lassen
„Auch nach der jetzigen Rechtslage dürfen sich niedergelassene Ärzte nicht bestechen lassen“, stellte der der Vorstandsvorsitzende der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV), Andreas Köhler, am Mittwoch klar. „Das ärztliche Berufsrecht und auch das Sozialrecht enthalten eine Fülle von Anti-Korruptionsvorschriften. So dürfen Ärzte für die Zuweisung von Patienten kein Geld verlangen. Auch die Annahme von Geschenken der Pharmaindustrie ist verboten".

Den Vertragsärzten, die gegen diese Vorgaben verstoßen, drohten Sanktionen bis hin zum Zulassungsentzug, verwies Köhler. In schweren Betrugsfällen, insbesondere bei Abrechnungsbetrug, kann nach dem Strafgesetzbuch eine mehrjährige Freiheitsstrafe die Folge sein“, erklärte der KBV-Vorsitzende.

Mitte Dezember hatte die Kassenärztliche Bundesveinigung (KBV) eine neue Broschüre „Richtig kooperieren“ veröffentlicht, die Vertragsärztinnen und – ärzten einen Überblick gibt, welche For­men der Zusammenarbeit in ihrem täglichen Praxisalltag zulässig sind und welche nicht. Die KBV will damit für mehr Transparenz und Klarheit sorgen.

Auch die Bundesärztekammer verwies darauf, das Korruption schon jetzt berufsrechtlich sanktioniert wird. „Wir vertreten diese Sanktionen ausdrücklich und wünschen uns sogar eine Verschärfung des Ermittlungs- und Sanktionsinstrumentariums", sagte der Präsident der Bundesärtzekammer in Berlin. Allerdings benötige die Ärztschaft hierfür mehr mehr Ermittlungskompetenzen, um selbst gegen korrupte Mediziner vorgehen zu können.

Um die Korruption im gesamten Gesundheitswesen wirksam zu bekämpfen, kann es bei einer strafrechtlichen Verfolgung aber nicht nur um Ärzte gehen, sondern um alle am Gesundheitswesen Beteiligten, das heißt alle Berufsgruppen und vor allem die Geldgeber, forderte Montgomery.

Bahr will zeitnah entscheiden
Bundesgesundheitsminister Daniel Bahr (FDP) will „zeitnah" über weitere Maßnahmen gegen Korruption bei Ärzten entscheiden. Dies sagte eine Sprecherin des Gesundheits­ministeriums am Mittwoch in Berlin. Sie verwies darauf, dass zunächst noch Stellung­nahmen von Kassen, Ärzten und Ländern ausgewertet werden müssten, die das Ministerium nach dem Urteil des Bundesgerichtshofs zur Bestechlichkeit von Ärzten angefordert hatte. Sie gehe aber davon aus, dass dies zeitnah geschehen werde.

Offen ließ die Sprecherin, ob ein Straftatbestand zur Bestechlichkeit eingeführt werden solle. Das Sozialgesetzbuch V sowie die Berufsordnung der Ärzte enthielten bereits Regelungen. Der Sachverhalt müsse sorgfältig geprüft werden. Hierfür seien Gespräche mit dem Koalitionspartner geplant. Die Sprecherin betonte: „Die Bundesregierung ist gegen Korruption, auch im Gesundheitswesen, auch bei Ärzten.”

dapd/afp/mis

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