Krankenhausausgaben belasten Kassenfinanzen

Berlin – Die Ausgaben für Krankenhausbehandlungen stellen in den ersten drei Quartalen des Jahres mit einem Plus von 7,8 Milliarden Euro und einem Anstieg um 9,9 Prozent „den maßgeblichen Treiber der hohen Ausgabendynamik dar“, den es derzeit im Gesundheitswesen gibt.
Das schreibt das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) heute zu den aktuellen KV45-Zahlen, die einmal im Quartal die finanzielle Lage der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) aufzeigen. Demnach liegt der prozentuale Zuwachs im 1.-3. Quartal bei den Kliniken „mehr als doppelt so hoch wie der Durchschnitt der jährlichen Zuwächse im Zeitraum 2013-2024“ und „übertrifft die Dynamik im bisherigen Rekordjahr 2024“.
Ursächlich sind nach Angaben des Ministerium vor allem hohe Vergütungssteigerungen sowie die Refinanzierung bisher nicht abgebildeter Tarifkostensteigerungen aus dem Jahr 2024. Hohe Mehrkosten gab es bei psychiatrischen Behandlungen (+1,08 Milliarden Euro), Pflegepersonalkosten (+2,19 Milliarden Euro), aber auch bei den somatischen Behandlungen (inklusive ambulanter Behandlungen, +4,16 Milliarden Euro).
Die Ausgaben für ambulante ärztliche Behandlungen erhöhten sich um 7,6 Prozent (+2,9 Milliarden Euro). Zwar habe sich der Ausgabenzuwachs gegenüber dem ersten Halbjahr 2025 (+7,8 Prozent) geringfügig abgeschwächt, dennoch liegt das Wachstum der ersten neun Monate annähernd doppelt so hoch wie das durchschnittliche jährliche Wachstum seit 2013, hieß es.
Gründe sieht das BMG dabei unter anderem bei den „kräftig steigenden Ausgaben für das ambulante Operieren“ (18,8 Prozent bzw. 365 Millionen Euro) und den 2024 eingeführten Eingriffen mit spezieller sektorengleicher Vergütung (Hybrid-DRG), die unter anderem zu einer Ambulantisierung bisher häufig stationär durchgeführter Behandlungen geführt haben. Die Aufwendungen für diese neuen Leistungen betrugen im 1.-3. Quartal rund 306 Millionen Euro.
Die Aufwendungen für extrabudgetär vergütete Psychotherapeutische Leistungen verzeichnen mit 9,3 Prozent (250 Millionen Euro) eine Beschleunigung (1. Halbjahr: 8,7 Prozent). Bei der Interpretation der Aufwüchse ist zu berücksichtigen, dass die Buchungen im ärztlichen Bereich im 1.-3. Quartal stets auch von Schätzungen geprägt sind, da insbesondere für das dritte Quartal Abrechnungsdaten nur in sehr geringem Umfang vorliegen.
Dynamisch teurer geworden sind die Ausgaben für Vorsorge- und Rehabilitationsleistungen (+10,7 Prozent bzw. 373 Millionen Euro) und auch die Aufwendungen für Behandlungen durch Heilmittelerbringer(+10,0 Prozent bzw. 992 Millionen Euro).
Auch die Aufwendungen für Fahrkosten verzeichnen mit 10,1 Prozent (720 Millionen Euro) eine zweistellige Wachstumsrate. Ursächlich dafür seien „insbesondere die Aufwendungen für Fahrten mit Rettungswagen und Notarztwagen, die um 11,0 Prozent bzw. 503 Millionen Euro steigen, während sich die restlichen Aufwendungen in diesem Bereich mit 8,5 Prozent bzw. 217 Millionen Euro etwas moderater entwickeln“, schreibt das BMG.
Die Aufwendungen für die Versorgung mit Arzneimitteln stiegen um 6,0 Prozent (+2,5 Milliarden Euro) und bleiben damit gegenüber dem 1. Halbjahr nahezu unverändert.
Die Verwaltungskosten der Krankenkassen entwickeln sich den Zahlen zufolge sowohl im Teilbereich der sächlichen Verwaltungskosten (3,5 Prozent bzw. 132 Millionen Euro) als auch der persönlichen Verwaltungskosten (4,1 Prozent bzw. 332 Millionen Euro) wesentlich moderater als die Leistungsausgaben.
Überschuss für Auffüllung der Mindestreserve
Die Ausgaben für Leistungen und Verwaltungskosten verzeichneten bei einem Anstieg der Versichertenzahlen von 0,1 Prozent insgesamt einen Zuwachs von unverändert 7,8 Prozent. Den Einnahmen der Krankenkassen in Höhe von 265,6 Milliarden Euro standen von Januar bis Oktober Ausgaben in Höhe von 262,0 Milliarden Euro gegenüber.
Die 94 Krankenkassen haben damit in den ersten neun Monaten des laufenden Jahres einen Überschuss in Höhe von 3,6 Milliarden Euro erzielt. Diese Überschüsse dienen jedoch nach Aussagen des Ministeriums vorrangig der Auffüllung von Finanzreserven der Kassen auf das gesetzliche Mindestniveau.
Die Finanzreserven der Krankenkassen betrugen zum Ende des 1.-3. Quartals rund 5,4 Milliarden Euro. Dies entspricht 0,19 Monatsausgaben und liegt damit weiterhin unterhalb der gesetzlich vorgesehenen Mindestreserve in Höhe von 0,2 Monatsausgaben.
„Die erzielten Überschüsse der Krankenkassen sollten keine falschen Schlüsse zulassen: Die gesetzliche Krankenversicherung steht unter größtem finanziellen Druck“, sagte Bundesgesundheitsministerin Nina Warken (CDU). Zentrales politisches Ziel sei es, die Finanzsituation der Krankenkassen zu stabilisieren.
Dafür sei in einem ersten Schritt ein kurzfristiges Maßnahmenpaket für 2026 auf den Weg gebracht worden. „Die Verzögerungen durch die erfolgte Anrufung des Vermittlungsausschusses durch eine Mehrheit der Länder bedeuten hohe Unsicherheiten für die Planungen der Krankenkassen und führen möglicherweise zu höheren Zusatzbeiträgen im kommenden Jahr“, sagte die Ministerin.
Der Vorschlag, 1,8 Milliarden bei den Kliniken einzusparen, war bei den Ländern nicht auf Gegenliebe gestoßen. Sie hatten im Bundesrat den Vermittlungsausschuss angerufen. Es sei „notwendig, dass der Vermittlungsausschuss schnell zu einer Entscheidung komme“, sagte Warken heute.
Sie betonte, allen Entscheidungsträgern müsse bewusst sein, dass die Herausforderungen im kommenden Jahr ungleich höher sein werden. Ab dem Jahr 2027 sind der Ministerin zufolge Defizite in der GKV in zweistelliger Milliardenhöhe zu erwarten. „Der Reformdruck ist gewaltig, doch bietet er auch die Chance unser Gesundheitssystem zukunftsfest und nachhaltig finanzierbar aufzustellen.“ Auf Reformdruck hatte heute auch Warkens Staatssekretärin Katja Kohfeld bei einer Verwaltungsratssitzung des GKV-Spitzenverbands hingewiesen.
Die vorläufigen Finanzergebnisse der GKV für das Jahr 2025 werden Ende Februar 2026, die endgültigen Finanzergebnisse der GKV Mitte Juni 2026 vorliegen.
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