Krankenhausreform: Bundesländer sprechen sich gegen Versorgungsstufen aus

Reutlingen – Bei der geplanten Krankenhausreform sprechen sich die Bundesländer gegen die Einführung von vorgegebenen und bundeseinheitlichen Versorgungsstufen aus. Das geht aus einem Beschlusspapier der Amtschefkonferenz von vergangener Woche hervor, das dem Deutschen Ärzteblatt vorliegt. Die Amtschefkonferenz tagte in Vorbereitung der 96. Gesundheitsministerkonferenz, die am 5. und 6. Juli in Friedrichshafen stattfinden wird.
Demnach stellt der Beschluss klar, dass Krankenhausplanung Ländersache sei. Entsprechende Kompetenzen müssten deshalb „ohne Abstriche in Länderhand bleiben.“ Die Länder, die alle dem Beschluss zugestimmt haben, fordern den Bund auf, sich schnell und klar zu positionieren, wie der Gestaltungsspielraum der Länder in der Krankenhausplanung gewährleistet bleiben solle.
„Vom Bund definierte und vorgegebene Level sind – ungeachtet der Frage ihrer verfassungsrechtlichen Statthaftigkeit – für eine Krankenhausstrukturreform nicht notwendig. Es steht den Ländern frei, Level/Versorgungsstufen beizubehalten oder einzuführen“, heißt es weiter. Einzig Bremen schreibt in einer Protokollerklärung, dass es eine Kopplung von Leistungsgruppen und Leveln für eine tatsächliche Strukturreform der Krankenhausversorgung für notwendig erachtet.
Die geplante Krankenhausreform stützt sich auf die Vorschläge der Regierungskommission Krankenhaus. Im Kern sind Leistungsgruppen sowie Versorgungsstufen vorgesehen. Mit der Einführung von Leistungsgruppen sollen Krankenhäuser nur die Fälle behandeln, für die sie eine entsprechende personelle und technische Ausstattung vorhalten können.
Die Krankenhäuser sollen zudem in drei Versorgungsstufen eingeteilt werden und daran geknüpft bestimmte Abteilungen betreiben und Leistungen erbringen dürfen. Zudem ist eine Vorhaltefinanzierung vorgesehen.
Bundesländer fordern mehr Geld
Zwar stellen sich die Bundesländer gegen die Vorgabe der Levels, bei den geplanten Leistungsgruppen sowie der Vorhaltefinanzierung sieht es jedoch anders aus. Allerdings wird der Bund auch aufgefordert, darzulegen, wie einheitliche Festlegungen von Leistungsgruppen und Mindeststrukturvoraussetzungen unter Berücksichtigung der Planungshoheit der Länder rechtskonform ausgestaltet werden sollen. Die Leistungsgruppen sollten zudem gesetzliche Öffnungsklauseln für die Länder beinhalten.
Wenig überraschend fordern die Bundesländer außerdem mehr Geld vom Bund. Für die Umsetzung der Reform werde ein weiterer Strukturfonds des Bundes benötigt. Zudem brauche es einen Personalkostenausgleich durch die gestiegenen Tariflöhne, einen kurzfristigen Inflationskostenausgleich sowie die Vorhaltefinanzierung. Letztere sei als dritte Säule der Krankenhausvergütung neben den diagnosbezogenen Fallpauschalen ohne Pflegekosten (rDRG) und dem Pflegebudget zu verstehen, heißt es im Beschlusspapier.
Die Bundesländer pochen außerdem daraufhin, dass bereits etablierte Zahlungswege für die Auszahlung der Vorhaltevergütung genutzt werden sollten. Die von der Kommission vorgeschlagene Auszahlung durch das Bundesamt für soziale Sicherung lehnt das Papier ausdrücklich ab. Die Bundesländer, beziehungsweise die jeweiligen Länderplanungsbehörden, sollten in der Verantwortung sein und überprüfen, ob Leistungen nicht erbracht und deshalb keine Vorhaltevergütung ausbezahlt werden.
Der Beschluss verweist auch auf notwendige Maßnahmen zur Entbürokratisierung. Hier sehen die Länder die Selbstverwaltung in der Pflicht. „Die Selbstverwaltung sollte per Gesetz dazu verpflichtet werden, Vorschläge vorzulegen, die der Entbürokratisierung dienen“, schreiben die Amtschefs der Gesundheitsministerkonferenz.
Außerdem fordern sie eine stärkere sektorenübergreifende Versorgung und damit einen erweiterten Instrumentenkasten, um Voraussetzungen für verlässliche Finanzierungen von entsprechenden Modellen wie etwa regionalen Gesundheitszentren oder Primärversorgungszentren zu schaffen. Ziel müsse eine sektorenübergreifende Regelvergütung sein.
Ein entsprechendes Vorhaben hat der Gesetzgeber bereits im Dezember vergangenen Jahres verabschiedet. Bis Ende März sollten sich die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG), die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) und der GKV-Spitzenverband auf Hybrid-DRG, die zu gleichem Geld sowohl im ambulanten als auch stationären Sektor erbracht werden, einigen.
Allerdings fanden die drei Partner der Selbstverwaltung keinen Konsens. Damit ist das Bundesgesundheitsministerium (BMG) ermächtigt, eine entsprechende Regelung per Rechtsverordnung festzulegen.
Zeit für Krankenhausreform in den Ländern bis 2026 gefordert
Zudem äußern sich die Länder sehr kritisch bezüglich des bislang geltenden Zeitplans der Beratungsrunde zwischen Bund und Ländern, die Krankenhausreform bis zur Sommerpause in Eckpunkte gießen zu wollen. „Die Länder erwarten hinsichtlich der Umsetzung der Reform einen realistischen Umsetzungszeitraum, der alle Beteiligten nicht ohne Not überlastet“, heißt es im Beschluss.
Demnach sollen die Länder bis 2026 Zeit erhalten, ihre jeweiligen Landeskrankenhauspläne zu überarbeiten. Zudem brauchen die Länder dem Papier zufolge ausreichend Zeit, um Leistungsgruppen, die sich am Modell aus Nordrhein-Westfalen orientieren, den Krankenhäusern zuzuweisen. Danach solle eine angemessene Konvergenzphase stattfinden. Allerdings pochen die Amtschefs auch auf einen für alle Beteiligten verbindlichen Zeit- und Aufgabenplan.
Nicht zuletzt möchten die Länder die Reform der Notfallversorgung hintenanstellen. „Der Reformprozess darf nicht durch die Beratungen zur Notfallreform verzögert werden“, heißt es. Diese soll nicht vor Herbst 2023 beginnen. Bis dato waren sich die Beteiligten der Reform weitestgehend einig, dass die Notfallreform gemeinsam mit der Krankenhausreform gedacht werden müsste.
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