Ärzteschaft

KV Schleswig-Holstein kritisiert Stopp der Ersteinschätzungs­richtlinie

  • Donnerstag, 5. Oktober 2023
/dpa
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Bad Segeberg – Die Kassenärztliche Vereinigung Schleswig-Holstein (KVSH) steht der Entscheidung des Bun­des­gesundheitsministeriums (BMG), die Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) zum Erstein­schätzungsverfahren zu beanstanden, mit „völligem Unverständnis“ gegenüber.

Eine echte Verbesserung der Patientensteuerung „sei wohl unerwünscht“, kritisiert die Abgeordnetenver­samm­lung der KV in einer entsprechenden Resolution. Das Eingreifen des BMG zeige ein grundsätzliches Misstrauen gegenüber der Selbstverwaltung und sei eine Abwertung der ambulanten Versorgungsebene.

„Die Beanstandung macht deutlich, dass das Ministerium offensichtlich nicht Teil der Lösung, sondern Teil des Problems ist und Versorgungsverbesserungen im Interesse der Patientenversorgung und -sicherheit im Weg steht“, heißt es in der Resolution.

Der G-BA hatte Anfang Juli ein standardisiertes Ersteinschätzungsverfahren für die Notaufnahmen der Kliniken beschlossen. Mithilfe der Ersteinschätzung sollte künftig verlässlich beurteilt werden, wie schnell eine hilfesu­chende Person versorgt werden muss – noch in der Notaufnahme oder beispielsweise 24 Stunden später in der vertragsärztlichen Versorgung. Das BMG hatte die entsprechende Richtlinie Mitte September zwei Tage vor Ablauf der Frist als Aufsichtsbehörde beanstandet.

Michael Weller, zuständiger Abteilungsleiter Gesundheitsversorgung und Krankenversicherung im BMG, listet in der Beanstandung sieben Punkte auf, an denen sich das Ministerium als Rechtsaufsicht stört. Vor allem die Kategorisierung des G-BA von Notfällen in drei Dringlichkeitsstufen sowie das dafür anzuwendende, aber noch nicht vorhandene System eines qualifizierten und standardisierten Verfahrens zur Einschätzung kritisiert das BMG.

Dieses läge beim Start der Richtlinie zum 1. Juni 2024 noch nicht vor, Kliniken könnten sich also bis dahin auf keine Vorgaben verlassen. „Dies verstößt ausdrücklich gegen den gesetzlichen Auftrag, Vorgaben für eine quali­fizierte und standardisierte Ersteinschätzung zu beschließen“, schreibt das BMG. Hierfür müssten Merkmale für die Qualität vorliegen, die der G-BA entwickeln sollte.

Die KV-Abgeordneten kritisieren, dass das BMG vor der Beanstandung nicht mit dem G-BA gesprochen habe. „In einem Dialog, den die mit hoher Fachexpertise besetzten Selbstverwaltungspartner und der G-BA von einer auf eine reine Rechtsaufsicht beschränkte Bundesbehörde eigentlich hätten erwarten können, hätten die Bedenken des Ministeriums – die größtenteils auf einem unzutreffenden Verständnis der Regelungen beruhen – voraus­sichtlich ausgeräumt werden können“, heißt es in der KV-Resolution.

Die Richtlinie ist aber auch in Fachkreisen nicht unumstritten: So hatten notfallmedizinische Fachgesellschaften sowie die Deutsche Gesellschaft für Neurologie Überarbeitungen gefordert.

hil

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