Labormediziner raten von flächendeckenden Bevölkerungstests ab

Berlin – Die Zahl der SARS-CoV-2-PCR-Tests mittel einer Polymerase-Kettenreaktion (PCR) hat in der 27. Kalenderwoche vom 29. Juni bis 5. Juli einen neuen Höchststand erreicht: Es erfolgten 445.989 Tests. Darauf weist der Verband Akkreditierte Labore in der Medizin (ALM) hin.
Grund dafür seien vor allem lokale Hotspots wie in Berlin, Gütersloh, Warendorf sowie Göttingen gewesen. Laut einer ALM-Datenerhebung von 138 bundesweit teilnehmenden Laboren fielen in der Woche 2.541 Tests positiv aus.
„Es ist gut und richtig, breit und umfassend der Bevölkerung einen niedrigschwelligen Zugang zur SARS-CoV-2-Diagnostik zu ermöglichen“, sagte der erste Vorsitzende des Verbandes, Michael Müller.
Flächentests aller Bürger seien aber „weder medizinisch angemessen noch epidemiologisch effektiv, sondern letztlich eine nicht notwendige Verschwendung von Finanzmitteln“, sagte er. „Wir haben immer auch die begrenzten Ressourcen unseres Gesundheitssystems im Blick zu behalten“, warnte der Verbandsvorsitzende.
Auch ein „Durchtesten“ von Belegschaften eines Unternehmens hält der ALM für nicht sinnvoll. „Auch wenn es verständlich ist, dass Unternehmen aus genereller Sorge vor einer Infektion im eigenen Betrieb nun das Durchtesten von Mitarbeitern in den Blick nehmen: Ein PCR-Test, der bei asymptomatischen Personen ohne Anlass eingesetzt wird, birgt immer die Gefahr, dass das Ergebnis falsch interpretiert wird“, warnte Jan Kramer aus dem Vorstand des ALM.
Denn solche Reihentests blieben auch immer nur eine Momentaufnahme. Die Notwendigkeit von Abstandsregeln, dem Tragen einer Mund-Nase-Bedeckung in besonderen Situationen und der persönlichen Hand- und Hustenhygiene änderten sich dadurch nicht, betonte der Experte.
Das Pooling – also Gruppentestungen – hält der Verband ebenfalls für problematisch. „Die Einzeltestung ist insbesondere in Bereichen mit unklarer Häufung von Infizierten die sicherste Vorgehensweise. Ohne Zeitverzug verschafft sie den Betroffenen die notwendige Klarheit“, so Kramer. Das Gruppentesten sei aber bei wissenschaftlichen Fragestellungen eine Möglichkeit, erläuterte er.
Für die COVID-19-PCR-Diagnostik stehen im Augenblick laut dem Laborverband in Deutschland rund 940.000 Tests pro Woche zur Verfügung, also mehr als doppelt so viel wie der aktuelle Bedarf. „Die fachärztlichen Labore halten also weiterhin deutlich mehr als ausreichende Kapazitäten für einen Anstieg des Bedarfs an PCR-Tests, zum Beispiel aufgrund regionaler Ausbrüche, vor“, hieß es aus dem ALM.
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