Landesärztekammer Brandenburg gegen Bundesethikkommission

Potsdam – Die Landesärztekammer Brandenburg (LÄKB) spricht sich vehement gegen die Gründung einer Bundesethikkommission aus.
In einem Brief an den Brandenburger Ministerpräsidenten Dietmar Woidke sowie Wissenschaftsministerin Manja Schüle und Gesundheitsministerin Ursula Nonnemacher appellierten Kammerpräsident Frank Ullrich Schulz und Kammervizepräsident Steffen König an die Landesregierung, die LÄKB dabei zu unterstützen, drohenden Schaden von den föderalen Strukturen der Länder, von der klinischen Forschung vor Ort und von Teilnehmerinnen und Teilnehmern an klinischen Studien abzuwenden.
Der Referentenentwurf des Bundesgesundheitsministeriums (BMG) und des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz (BMUV) für ein „Medizinforschungsgesetz“ sieht die Bildung einer Bundesethikkommission beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) vor. Der Bund träte dadurch in direkte Konkurrenz zu den bewährten, seit Jahrzehnten in den Ländern errichteten Ethikkommissionen, so die Kritik der LÄKB.
Eine Bundesethikkommission würde damit zum Aufbau einer Parallelbürokratie führen, die nicht der Förderung des Forschungsstandorts Deutschland dient. Vielmehr führe sie zu Zeitverlust, zum Verlust von Expertise, und schädige ganz erheblich die in den Ländern etablierten Strukturen.
Eine Bundesethikkommission böte zudem nicht im gleichen Maße die Gewähr für eine unabhängige Bewertung frei von standort- und wirtschaftspolitischen Erwägungen zum Schutz von Patienten und Probanden in klinischen Studien. Die Ärztekammer verweist darauf, dass sowohl die Behördenleitung des BfArM als auch das BMG im Wege der Fachaufsicht jederzeit Einfluss auf die Entscheidungen nehmen könnten. Denn anders als die Länder garantiere der Bund eine Weisungsfreiheit der Mitglieder der Kommission nicht.
Die LÄKB weist zudem darauf hin, dass in Brandenburg eine beim BfArM registrierte und damit auf Bundesniveau agierende Ethikkommission erst in den letzten Jahren mit erheblichem Aufwand und unter Beteiligung vieler Brandenburger Experten sowie mit Unterstützung des Ministeriums für Soziales, Gesundheit, Integration und Verbraucherschutz des Landes Brandenburg (MSGIV) aufgebaut wurde. Zudem wäre perspektivisch auch die in Cottbus neu geplante staatliche medizinische Universität betroffen, weil die dort nach dem Hochschulgesetz zu bildende Ethikkommission und deren künftige Experten ebenfalls nicht mehr partizipieren könnten.
In ihrem Brief betont die Kammer, dass eine Bundesethikkommission der falsche Weg sei und dass stattdessen die vorhandenen Strukturen in den Ländern gestärkt und harmonisiert werden müssten. Der Vorschlag aus dem Gesetzesentwurf, Parallelstrukturen beim Bund einzurichten, bedeute dagegen einen ganz grundsätzlichen Eingriff in die verfassungsmäßige Zuständigkeit der Länder. Dafür fehle jede Rechtfertigung, zumal die Bearbeitung der klinischen Arzneimittelprüfungen durch die nach Landesrecht gebildeten Ethikkommissionen jederzeit sichergestellt ist. Die Zustimmung des Bundesrates zu diesem Gesetz einzuholen, ist nach Kenntnis der Kammer zudem bislang nicht vorgesehen.
Die LÄKB bittet Ministerpräsident Woidke sowie die Ministerinnen Schüle und Nonnemacher daher dringend, sich als Vertreter des Landes Brandenburg im Sinne einer Stärkung der in den Ländern vorhandenen Strukturen in das Gesetzgebungsverfahren einzubringen und an dieser Stelle auf eine Änderung des Gesetzesentwurfs hinzuwirken.
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