Ethikkommissionen warnen vor mehr Bürokratie durch geplante Bundesethikkommission
Berlin – Der Arbeitskreis Medizinischer Ethikkommissionen in Deutschland (AKEK) steht den Regierungsplänen der Einrichtung einer zentralen Bundesethikkommission nach wie vor sehr kritisch gegenüber und warnt vor zusätzlicher Bürokratie.
In seiner jetzt veröffentlichten Stellungnahme zum Referentenentwurf des Medizinforschungsgesetzes des Bundesgesundheitsministeriums (BMG) bezeichnet der AKEK als Zusammenschluss der öffentlich-rechtlichen Ethik-Kommissionen, die medizinische Forschungsvorhaben nach wissenschaftlichen, ethischen und rechtlichen Kriterien bewerten, eine künftige Bundesethikkommission als „eine Bedrohung insbesondere für die Unabhängigkeit der Ethikkommissionen und die bewährten Strukturen“.
Kostenintensive Parallelstruktur
Die im Gesetzentwurf vorgeschlagene Zentralisierung würde eine unnötige und kostenintensive Parallelstruktur schaffen und die Innovationskraft und Wettbewerbsfähigkeit des Forschungsstandortes Deutschland schwächen, meint Georg Schmidt.
Der Vorsitzende des AKEK fordert daher einen Dialog mit allen Beteiligten, um die bestehenden Strukturen zu stärken, die Unabhängigkeit zu erhalten und gemeinsam Lösungen zu finden, die den Schutz der Studienteilnehmer weiterhin gewährleisten und die Forschung in Deutschland fördern. Bislang seien weder die Träger der Ethikkommissionen noch ihr Dachverband AKEK in die Gespräche zum Medizinforschungsgesetz einbezogen gewesen.
Ziel des Medizinforschungsgesetzes als zentralen Teil der Pharmastrategie der Bundesregierung ist es, durch weniger Bürokratie und eine stärkere Zentralisierung die Umsetzung von klinischen Studien in Deutschland zu erleichtern und den Forschungsstandort Deutschland zu stärken. Auch der AKEK teilt die Auffassung, dass die föderale Struktur in Deutschland nicht zu Mehrfachzuständigkeiten oder Zeitverlust führen dürfe.
Vieles sei bei den Ethikkommissionen im Arzneimittelbereich aber längst realisiert: „In Deutschland ist nur eine Ethikkommission gemeinsam mit der zuständigen Bundesoberbehörde für die Bewertung einer klinischen Prüfung zuständig“, stellt Schmidt klar.
Verbindliche Fristen stellten sicher, dass keinerlei Zeitverlust zum Nachteil des Sponsors, also beispielsweise eines Pharmaunternehmens, entstehe. Für eine harmonisierte Bearbeitung hätten die Ethikkommissionen gerade in den vergangenen Jahren in ganz erheblichem Umfang Arbeitshilfen, Musterformulierungen sowie Empfehlungen erarbeitet.
Probleme bei der Bewertung von Arzneimittelstudien sieht der AKEK in der Komplexität der EU-Verordnung 536/2014 (Clinical Trial Regulation, im Folgenden CTR) und der mangelhaft funktionierenden IT-Plattform CTIS, für die die Europäische Arzneimittelagentur (EMA) zuständig ist.
Die fehlerhafte Verfahrenssteuerung durch CTIS führe nachweislich zu einem erheblichen Mehraufwand auf allen Seiten, so der AKEK. Zusammmen mit der Bundesärztekammer, der forschenden pharmazeutischen Industrie und den wissenschaftlichen Fachgesellschaften hatte der AKEK bereits mehrfach auf die Probleme in den vergangenen Monaten hingewiesen.
Für den AKEK steht fest: Die Gründung einer Bundesethikkommission für bestimmte Forschungsprojekte würde eine unnötige Parallelbürokratie schaffen. „Die bestehenden landesrechtlich etablierten Ethikkommissionen erfüllen die Vorgaben der EU-Verordnung Nr. 536/2014. Eine zusätzliche Bundesebene ist somit nicht nur unnötig, sondern stünde auch im Widerspruch zu den Bestrebungen des Bundes, Bürokratie zu reduzieren“, so Schmidt.
Unabhängigkeit in Gefahr
Zudem würde die Einrichtung einer zentralen Kommission beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM), einer Bundesoberbehörde im Geschäftsbereich des BMG, dessen Antragsverteilerfunktion und die Ernennung der Mitglieder durch das BMG die Unabhängigkeit dieser Kommission im Sinne der Deklaration von Helsinki gefährden, meint der AKEK.
Der Bund habe jetzt die seit Jahrzehnten in den Ländern bestehende Regelung, dass Mitglieder einer Ethikkommission unabhängig, an Weisungen nicht gebunden und nur ihrem Gewissen verantwortlich sind, nicht übernommen. „Die institutionelle Unabhängigkeit der Ethikkommissionen ist jedoch ein zentrales Element für den Patientenschutz und die gesellschaftliche Akzeptanz der Forschung am Menschen“, heißt es in der Stellungnahme.
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