Ärzteschaft

Mangelernährung: Ein immer noch zu wenig beachtetes Phänomen

  • Mittwoch, 14. Juni 2023
/kerdkanno, stock.adobe.com
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Berlin – „Das Thema Mangelernährung ist in deutschen Krankenhäusern unterrepräsentiert,“ betonte Thomas Frieling heute auf der Jahrespressekonferenz der Deutschen Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten (DGVS). Dabei wirke sie sich bei fast allen Krankheiten auf die Prognose aus.

Eine Mangelernährung könne den Verlauf, die Liegedauer, die Komplikationsrate und bei einigen Erkrankungen auch die Sterblichkeit negativ beeinflussen, so der Direktor der Medizinischen Klinik II am Helios Klinikum in Krefeld weiter.

Insgesamt wiesen etwa ein Drittel der Menschen, die hierzulande aus irgendeinem Grund stationär aufgenommen werden, Studiendaten zufolge eine Mangelernährung auf, berichtete Frieling. Dabei könne die Zahl der Personen, die bei zu Beginn des Krankenhausaufenthalts mangelernährt sind, in einzelnen Einrichtungen bis zu 70 Prozent betragen.

Dieser Zustand würde hierzulange nicht ernstgenommen und zu wenig systematisch erfasst. „Das ist eigentlich ein Skandal“, sagte Frieling. Nur bei Erkennen einer Mangelernährung ließe sich diese zum Wohl der Betroffenen verbessern. Zudem könnten Kosten aufgrund geringerer Komplikationsraten und kürzerer Liegedauern eingespart werden.

Als eine Ursache führte der Experte zum einen Wissenslücken sowohl bei Ärztinnen und Ärzten als auch bei Patientinnen und Patienten an. Zum anderen fehle es an professionellen Ernährungsteams in den meisten Kliniken hierzulande. Nur zwei bis drei Prozent der Krankenhäuser hätten solche Teams, betonte Frieling.

Er forderte daher, dass systematische Aufklärungen und Schulungen erfolgen sollten, damit ärztliches und pflegerisches Personal die Mangelernährung erkennen und behandeln kann.

Neben dieser Bottom-up-Strategie erscheine eine Top-down-Strategie essenziell, etwa in Form einer Dienstanweisung, bei jeder Person bei Aufnahme den Ernährungszustand zu überprüfen. Liege eine Mangelernährung vor, könne das Ernährungsteam dann die entsprechenden Maßnahmen einleiten. Aber „die praktische Umsetzung ist in Deutschland ein Problem“, schloss Frieling.

aks

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