Ärzteschaft

Mediziner sorgen sich um künftige Versorgung von HIV-Patienten

  • Donnerstag, 16. November 2023
/bennymarty, stock.adobe.com
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Berlin – Niedergelassene HIV-Mediziner befürchten innerhalb der nächsten 15 Jahre große Versorgungs­lücken in der Behandlung von HIV-Patienten. Dies ergab eine Umfrage der Deutschen Arbeitsgemeinschaft ambulant tätiger Ärztinnen und Ärzte für Infektionskrankheiten und HIV-Medizin (dagnä).

Rund 80 Prozent der Befragten sorgen sich demnach, dass der Ärzte- und Fachkräftemangel zu einem Rück­gang der HIV-Versorgungsstruktur führen könnte. Unter den Teilnehmern gaben 49 Prozent an, über 55 Jahre alt zu sein und ihre Praxis innerhalb der nächsten zehn bis 15 Jahre zu schließen, oftmals ohne Aussicht auf einen Nachfolger.

Ursache für das Nachwuchsproblem sei unter anderem, dass häufig um die Finanzierung wichtiger Leistungen gekämpft werden müsse, berichtete Heiko Karcher, Vorstandsmitglied der dagnä. Dies führe insbesondere bei jungen HIV-Medizinern zu der Frage, ob die Leistungen in ihrer jetzigen Qualität in Zukunft überhaupt noch angeboten werden könnten.

Auch die ländliche Versorgung sieht Karcher in Gefahr. Wenn die bisherigen HIV-Mediziner keine Nachfolge finden würden, werde es bald ganze Landstriche ohne eine einzige HIV-Praxis geben. Damit gebe es auch keinen niedrigschwelligen und weiterhin dringend benötigten Zugang zu lebenserhaltenden Medikamenten oder Präventivmaßnahmen.

„Wir müssen damit rechnen, dass es in zehn Jahren deutlich weniger HIV-Schwer­punktpraxen gibt als heute, mit den entsprechenden Folgen für die Versorgung unserer Patienten“, gab Karcher zu verstehen.

Die Struktur der Schwerpunktpraxen ist der dagnä zufolge für die medizinische Versorgung von Menschen mit HIV sehr wichtig. Durch die flächendeckende ambulante Versorgung habe etwa das von UNAIDS festgelegte Etappenziel „90-90-90“ erreicht werden können. Demnach wissen 90 Prozent von ihrer Infektion, 90 Prozent befinden sich in Behandlung und bei 90 Prozent der Patienten ist das Virus aufgrund der Versorgung nicht mehr nachweisbar und übertragbar.

Trotz der Erfolge stagnieren die HIV-Neuinfektionen auf einem Level. „HIV ist immer noch eine hochanste­ckende und unheilbare Infektionskrankheit, mit schwerwiegenden Folgen für die Gesundheit“, betonte Kar­cher. „Dieser Befund unterstreicht den Stellenwert einer effektiven HIV-Versorgung, wie wir sie deutschland­weit durch die ambulanten HIV-Schwerpunktzentren bieten können.“

Der dagnä-Vorstandvorsitzende forderte die Politik dazu auf, Anreize für die jungen HIV-Mediziner zu schaff­en, um Versorgungslücken zu bekämpfen, bevor sie entstehen. Dafür müssten die bisherigen Versorgungs­struk­turen erhalten und das Personal angemessen vergütet werden. Der neue Facharzttitel des Infektiologen möchte er in die ambulante Versorgung eingebettet sehen. „Nur so wissen unsere Nachfolger, woran sie sind“, sagte er.

nfs

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