Medizinische Hilfsmittel: Jeder fünfte Empfänger zahlt Mehrkosten

Berlin – 80 Prozent der Versicherten in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) erhalten ihre medizinischen Hilfsmittel über die Krankenkasse ohne Mehrkosten. Jeder fünfte entscheidet sich jedoch bei Hörgeräten, Schuheinlagen oder Prothesen für eine Lösung, die über die Kassenlösung hinausgeht.
Die dabei entstehenden Mehrkosten, die die Versicherten aus eigener Tasche bezahlen, beträgt durchschnittlich 117,75 Euro. Das geht aus dem neuen Bericht des GKV-Spitzenverbandes über die von GKV-Versicherten gezahlten Mehrkosten bei Hilfsmitteln hervor.
„Uns ist wichtig, dass unsere Versicherten für ihren Krankenkassenbeitrag eine hochwertige Hilfsmittelversorgung erhalten. Um hohe Qualität zu gewährleisten, schreiben wir das Hilfsmittelverzeichnis regelmäßig fort“, sagte Gernot Kiefer, stellvertretender Vorstandsvorsitzender des GKV-Spitzenverbandes.
Gemäß dem für die GKV geltenden Sachleistungsprinzip sollen gesetzlich Versicherte eine ausreichende und bedarfsgerechte Versorgung ohne Mehrkosten erhalten. Der Gesetzgeber hat lediglich eine Selbstbeteiligung als Zuzahlung von mindestens fünf, höchstens aber zehn Euro für jedes Hilfsmittel vorgesehen.
Versicherte haben bei der Versorgung mit Hilfsmitteln die gesetzlich eingeräumte Möglichkeit auch über das Maß des medizinisch Notwendigen hinausgehende Ausstattungen zu wählen, müssen dann aber entsprechende Mehrkosten selbst tragen.
Fast 700 Millionen Euro an Eigenleistung
Der neue Bericht wertet Daten zu den im Jahr 2019 gezahlten Mehrkosten aus. Er berücksichtigt rund 29 Millionen Hilfsmittelversorgungen mit einem Ausgabevolumen um die 8,6 Milliarden Euro. Demnach sind im vergangenen Jahr in 29,4 Millionen Fällen gesetzlich versicherte Patienten mit Hilfsmitteln versorgt worden. In 5,9 Millionen Fällen leisteten die Betroffenen dabei Mehrkosten – nämlich insgesamt rund 692 Millionen Euro.
Die Bandbreite der Mehrkosten ist laut dem Bericht groß. So fielen im vergangenen Jahr bei Hörhilfen mit Mehrkosten 1.082 Euro an. Bei Schuheinlagen waren es hingegen nur 30 Euro Mehrkosten.
„In manchen Fällen ist und bleibt es eine schwierige Abgrenzung zwischen dem, was medizinisch notwendig ist und damit solidarisch finanziert wird, und dem, was mehr in den Bereich der Komfortleistungen gehört. Diese Abgrenzung ist für uns immer wieder eine Herausforderung“, sagte Kiefer.
Als Beispiel nannte er die Hörhilfen: Möglichst gutes Hören werde von der Solidargemeinschaft finanziert. „Der perfekte Klang für einen Opernbesuch ist hingegen eher eine Komfortleistung, für die dann Mehrkosten anfallen können“, so Kiefer.
Die Bundesinnung der Hörakustiker wies daraufhin, dass alle Betroffenen bei der Entscheidung für ein Hörsystem über die Möglichkeit einer hochwertigen und mehrkostenfreien Versorgung informiert werden müssen.
52 Prozent der gesetzlich Versicherten nahmen 2019 trotzdem eine Hörsystemversorgung mit Mehrkosten in Anspruch. Zu mehrkostenpflichtigen Versorgungen gehörten zum Beispiel Extras wie Fernbedienungen, ästhetische Optionen oder eine Bluetooth-Anbindung an Smartphones.
Die Bundesinnung weist außerdem daraufhin, dass die Höhe der Mehrkosten die Versorgungszufriedenheit nicht beeinflusst. Das ergab eine in 2019 vom GKV-Spitzenverband veröffentlichte Versichertenbefragung zur Qualität der Hörgeräteversorgung in Deutschland.
Rund 90 Prozent der befragten gesetzlich versicherten Hörsystemträger sind demnach mit ihrer Versorgung sehr zufrieden bis zufrieden, und zwar unabhängig davon, ob sie sich für eine Versorgung mit oder ohne Mehrkosten entschieden haben.
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