Politik

Merkel verspricht Europa deutsche Solidarität in Coronakrise

  • Mittwoch, 22. April 2020
/picture alliance, Markus Schreiber, AP POOL
/picture alliance, Markus Schreiber, AP POOL

Brüssel/Berlin − Vor dem EU-Gipfel hat Bundeskanzlerin Angela Merkel den europäischen Partnern Solidarität in der Coronakrise zugesagt. Ohne Europa könne die Bundesrepublik auf Dauer nicht stark sein, sagte die CDU-Politikerin gestern nach Angaben von Teilneh­mern in einer Schaltkonferenz der Unionsfraktion im Bundestag.

Beim Videogipfel morgen wollen Merkel und ihre EU-Kollegen vereinbarte europäische Kri­senhilfen billigen und zudem erste Weichen für ein groß angelegtes Wiederaufbaupro­gramm stellen.

Die EU-Finanzminister hatten vor zwei Wochen ein erstes europäisches Hilfspaket für Jobs, Unternehmen und verschuldete Staaten im Umfang von bis zu 540 Milliarden Euro geschnürt. Zudem wurde ein Wiederaufbaufonds vereinbart, allerdings ohne Details. Da­zu wird beim Gipfel ein Vorschlag von EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen er­war­tet.

Bekannt ist bereits, dass die EU-Kommission für den Wiederaufbau selbst Anleihen he­rausgeben und so Geld am Kapitalmarkt aufnehmen will. Die EU-Staaten würden im Rahmen des EU-Haushalts dafür bürgen.

Merkel hatte dafür vorgestern Sympathie erkennen lassen. Sie verwies auf das neue europäische Kurzarbeiter-Programm „Sure“, das ebenfalls über Anleihen der EU-Kommission finanziert werden soll. „Solche Instrumente kann ich mir auch weiter vorstellen“, sagte Merkel. Deutschland wolle und werde solidarisch sein, im Rahmen der heutigen EU-Verträge.

Deutschland − und die Niederlande − waren zuletzt vor allem von südlichen EU-Staaten heftig kritisiert worden, weil sie gemeinsame Schulden über sogenannte Coronabonds ablehnen. Italien und Spanien sind von der Pandemie besonders betroffen, und vor allem der italienische Ministerpräsident Giuseppe Conte zeigt sich verbittert über fehlende Unterstützung. Auch Frankreichs Präsident Emmanuel Macron hat dringend Solidarität angemahnt.

Wie diese Solidarität konkret organisiert werden soll, ist aber unklar. Von der Leyen spricht von einem „Marshall-Plan“ in Billionenhöhe, schweigt aber vor dem Gipfel über Details. Spaniens Ministerpräsident Pedro Sánchez meldete sich nun mit einem eigenen Vorschlag zu Wort, den er beim Gipfel ebenfalls präsentieren will.

Er will den bereits verabredeten Wiederaufbaufonds mit „ewigen Anleihen“ finanzieren. Das sind Papiere, für die Zinsen fällig werden, aber zunächst kein Rückzahlungstermin vorgesehen ist. Als Volumen nennt Sánchez bis zu 1,5 Billionen Euro. Das Geld soll als Zuschuss − also nicht als Kredit − an die von der Pandemie besonders betroffenen Staa­ten vergeben werden. Zinsen könnten aus europäischen Steuereinnahmen gezahlt wer­den, etwa aus einer Plastiksteuer. All das hatte die spanische Regierung in einem inoffi­ziellen Papier in Umlauf gebracht.

Italiens Regierungschef Conte sagte gestern, er könnte den spanischen Vorschlag unter­stützen − ebenso wie ein französisches Konzept für den Fonds mit dem gleichen Prinzip, aber etwas anderen Details. Conte ließ damit erkennen, dass Rom nicht mehr strikt auf sogenannten Coronabonds beharrt, sondern auch offen für andere vorgelegte Konzepte sein könnte. „Wir müssen rasch handeln, denn eine Verzögerung würde das Resultat verwässern“, sagte Conte.

Bundesfinanzminister Olaf Scholz trat hingegen auf die Bremse. Zwar hätten die Finanz­minister besprochen, den Wiederaufbaufonds eng mit dem nächsten mehrjährigen Fi­nanz­rahmen der EU und mit dem Haushalt der EU-Kommission zu verzahnen. „Doch so weit sind wir längst nicht“, sagte der SPD-Politiker der Welt. Zunächst gehe es darum, die Pandemie zu bekämpfen. Erst danach richte man den Fokus auf die erneute Wachstums­phase.

Die diversen Konzepte für den Wiederaufbaufonds scheinen auch noch sehr unfertig. Umstritten ist nicht nur das Volumen des Fonds, sondern auch die Art der Schulden­auf­nahme, der Verwendungszweck und die Frage, ob Hilfen als Kredit oder als Zuschuss ver­geben werden.

EU-Kommissionsvizepräsident Frans Timmermans forderte in der Zeitung El País alle Staaten auf, „die spanische Initiative sorgfältig zu studieren“. Das Volumen von 1,5 Billio­nen Euro entspreche wohl dem Notwendigen. Der spanische Plan erkenne das Ausmaß der Herausforderung an und setze gleichzeitig auf Solidarität auf europäischer Ebene, sagte der Niederländer.

dpa

Diskutieren Sie mit:

Diskutieren Sie mit

Werden Sie Teil der Community des Deutschen Ärzteblattes und tauschen Sie sich mit unseren Autoren und anderen Lesern aus. Unser Kommentarbereich ist ausschließlich Ärztinnen und Ärzten vorbehalten.

Anmelden und Kommentar schreiben
Bitte beachten Sie unsere Richtlinien. Der Kommentarbereich wird von uns moderiert.

Es gibt noch keine Kommentare zu diesem Artikel.

Newsletter-Anmeldung

Informieren Sie sich täglich (montags bis freitags) per E-Mail über das aktuelle Geschehen aus der Gesundheitspolitik und der Medizin. Bestellen Sie den kostenfreien Newsletter des Deutschen Ärzteblattes.

Immer auf dem Laufenden sein, ohne Informationen hinterherzurennen: Newsletter Tagesaktuelle Nachrichten

Zur Anmeldung