Modellversuch will Patienten steuern und Ärztemangel begegnen

Stuttgart – Ein Modellversuch unter dem Titel „DocDirekt“ soll in Stuttgart und Tuttlingen zeigen, ob Patienten auf dem Weg zum Arzt besser gesteuert werden können. Das Fernbehandlungsprojekt der Kassenärztlichen Vereinigung Baden-Württemberg (KVBW) will zugleich dem Ärztemangel begegnen.
Langfristiges Ziel sei es, Patienten ein niederschwelliges und schnelles Angebot zu machen, ärztlichen Rat einzuholen, sagte ein Sprecher der KVBW heute auf Nachfrage des Deutschen Ärzteblattes. Dies solle Behandlungswege richtig koordinieren und zum Beispiel verhindern, dass Patienten in die Notaufnahmen der Krankenhäuser gingen. Zugleich soll es Ärzte oder Ärztinnen in die Versorgung zurückholen, die etwa aus familiären Gründen nicht in einer Praxis arbeiten würden.
Triage und Telefonbehandlung
Konkret vorgesehen ist, dass Patienten künftig eine zentrale Nummer anwählen können. Dort entscheidet eine medizinische Fachangestellte (MFA), ob ein Notfall vorliegt, den sie an die Rettungsstelle 112 weiterleiten würde, oder ein Haus- oder Facharzt der richtige Ansprechpartner ist. Das Anliegen des Patienten trägt sie in ein Onlineportal ein, auf das für das Projekt zugelassene Ärzte Zugriff haben.
Diese rufen den Patienten entweder per Telefon oder über Internettelefonie, also gegebenenfalls mit Bild, an. Die Ärzte, die für diese Aufgabe von zu Hause arbeiten können, beraten den Patienten und therapieren ihn oder entscheiden, ob dieser sich in eine Praxis begeben sollte. Für diesen Fall soll es im Modellbezirk ausgesuchte Praxen geben, die diese Fälle dann direkt behandeln können, heißt es von der KV.
Der KVBW-Sprecher betonte, das Modell stoße derzeit aufgrund fehlender gesetzlicher Rahmenbedingungen an Grenzen. Das sei zum Beispiel bei der Verordnung von Arzneimitteln der Fall. Derzeit sei der Postweg oder die Abholung beim Arzt notwendig. Die KV schlägt aber vor, dass im Idealfall Arzt und Apotheker über ein Onlineportal Zugriff auf ein Rezept erhalten könnten. Dies verhindere, dass ein Patient sich ein Rezept mehrfach ausdrucke und könne das Problem lösen, dass Apotheker nur Originalrezepte vergütet bekommen.
Die KV plant, das Projekt noch in diesem Jahr auf die Schiene zu setzen. Dafür sei bereits ein Antrag auf Genehmigung bei der Landesärztekammer gestellt, sagte ein Sprecher. Die Genehmigung stehe aber noch aus. Die Kammer hatte kürzlich das Fernbehandlungsverbot in der Berufsordnung gelockert, um solche Modellvorhaben zu ermöglichen.
Wegen der Finanzierung befinden sich KV und Krankenkassen derzeit in Gesprächen. Die Kassen seien aber sehr interessiert und unterstützten das Modell, sagte der KV-Sprecher. Wie hoch die Kosten seien und wie genau die Vergütung der Ärzte, die an dem Projekt teilnehmen, aussehen soll, ist noch unklar.
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