Politik

Nach Coronapanne baut Söder das bayerische Kabinett um

  • Donnerstag, 20. August 2020
/picture alliance, Nicolas Armer
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München – Die Pannen bei den Coronatests von Urlaubsrückkehrern in Bayern haben weitere politische Konsequenzen: Ministerpräsident und CSU-Chef Markus Söder baut zum zweiten Mal in der laufenden Wahlperiode sein Kabinett um. Ab heute wechselt der bisherige Bau- und Verkehrsstaatssekretär Klaus Holetschek (CSU) unbefristet ins Ge­sundheitsministerium.

Der Jurist soll die zuletzt massiv in die Kritik geratene Ministerin Melanie Huml (CSU) im Kampf gegen das Virus unterstützen und das viel kritisierte Pandemiekrisenmanagement verbessern.

„Ich freue mich, dass uns Klaus Holetschek ab heute im Kampf gegen die Coronapande­mie unterstützen wird“, sagte Huml. Die aktuellen Infektionszahlen zeigten, dass dabei noch große Herausforderungen auf Bayern zukommen. Mit Holetschek habe sie schon als Mitglied des Gesundheitsausschusses des Landtags hervorragend zusammengearbeitet.

Humls Haus steht aktuell wegen einer schweren Panne bei Coronatests von Urlaubsheim­kehrern massiv unter Druck. Rund 44.000 Menschen, darunter mehr als 900 positiv Getes­tete, hatten ihre Ergebnisse teils erst mit großer Verzögerung erhalten. 46 Personen konnten trotz großer Anstrengungen gar nicht ermittelt werden.

„Ich habe mich über das Vertrauen sehr gefreut“, sagte Holetschek in München. Die The­men Gesundheit und Pflege hätten auch wegen der Pandemie massiv an Bedeutung ge­wonnen. „Wir stehen vor dem Jahrzehnt der Gesundheit.“ Es sei nun wichtig, neben der Bekämpfung der Coronakrise das Gesundheitssystem so aufzustellen, dass die Wider­standsfähigkeit der Gesellschaft erhöht werde. „Wir müssen die richtigen Lehren aus der Pandemie ziehen.“

Im Nachgang der Panne, die auch Söder selbst viel Kritik, Spott und Häme einbrachte, hatte Huml ihren Rücktritt angeboten. Doch Söder beließ sie ihm Amt. Mit der Versetzung von Holetschek zieht er aber dennoch eine personelle Konsequenz, um das Krisenma­nage­ment zu verbessern.

Im Gegenzug muss Söder in Kauf nehmen, dass das Bau- und Verkehrsministerium perso­nell geschwächt wird. Söder hatte hier erst im Februar den Staatssekretärsposten einge­richtet, weil er den bislang oft schleppenden Bau von bezahlbarem Wohnraum in Bayern beschleunigen wollte.

Darüber hinaus wird der Betrieb der kommunalen Coronatestzentren künftig vom Innen­ministerium gesteuert. Zudem hatte Söder in der vergangenen Woche schon Staatskan­zleichef Florian Herrmann (CSU) zum „Corona-Koordinator“ ernannt. Dieser soll zur Ver­meidung von Pannen „sämtliche pandemiebedingten Maßnahmen bündeln, koordinieren und deren Umsetzung gewährleisten“. Auch der Chef des Landesamtes für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL), Andreas Zapf, musste bereits seinen Platz räumen.

Der Politologe Heinrich Oberreuter bewertet den Umbau als sehr ungewöhnlich. „Ich kann mich an keinen Fall in Deutschland erinnern, wo ein Ministerpräsident ein kom­plettes Ministerium umkrempelt, aber der Minister oder die Ministerin im Amt bleibt“, sagte er der Augsburger Allgemeinen. Für ihn bleibe Huml eine Ministerin auf Abruf.

Im Zuge der Pandemie war zwischenzeitlich auch Innenstaatssekretär Gerhard Eck (CSU) dem Gesundheitsministerium zugeordnet worden. Nachdem die erste Infektionswelle und die Infektionszahlen in Bayern vor Wochen aber zunächst wieder nach unten gingen, war dieser wieder in das Innenministerium zurückgekehrt.

Gestern war auch bekannt geworden, dass der Sprecher der Münchner Polizei, Marcus da Gloria Martins, für die Coronakommunikation ins Gesundheitsministerium wechselt. Er hatte beim Münchner Amoklauf 2016 bundesweite Bekanntheit erlangt. Für seine ruhige Pressearbeit wurden er und sein Team auch mehrfach ausgezeichnet.

Holetschek ist erst seit Februar im bayerischen Kabinett. Er wurde von Söder im Rahmen einer notwendigen Kabinettsumbildung ins Bauministerium geholt, weil der schleppende Bau von bezahlbarem Wohnraum in Bayern vorangetrieben werden sollte.

Der Schwabe blickt bereits auf eine lange Karriere zurück: Er war Bürgermeister, stellver­tretender Landrat im Kreis Unterallgäu und Bundestagsabgeordneter. Seit 2013 sitzt er im Landtag, von März 2018 bis Februar 2020 war er zudem Bürgerbeauftragter der Staats­regierung. Seit 2019 ist Holetschek auch im Vorstand des Landesgesundheitsrats

dpa

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