Nach Pflegebetrug-Razzien: Acht Millionen Euro sichergestellt

München – Nach umfangreichen Razzien wegen Abrechnungsbetrugs im Gesundheitswesen haben die Ermittler rund acht Millionen Euro Bargeld sichergestellt. Das Geld habe sich in Bankschließfächern und in Privatwohnungen von Pflegedienstleitern befunden, sagte der Leiter der Kriminalinspektion Augsburg, Gerhard Zintl, am Donnerstag in München. Wenn man die Beträge zusammenrechne, habe das auch nichts mehr mit Kleinkriminalität zu tun. Neben Bargeld wurden außerdem Goldbarren, teure Uhren und Schmuck gefunden.
SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach forderte unterdessen grundlegende Konsequenzen der Politik gefordert. Der von den Ermittlungsbehörden in Augsburg und München aufgedeckte Millionenbetrug bei Pflegediensten sei kein Einzelfall, sagte der SPD-Fraktionsvizechef der „Augsburger Allgemeinen“ vom Freitag. „Das ist leider weit verbreitet und nimmt auch zu.“
Lauterbach fügte hinzu: „Wir haben das Problem, dass einzelne Anbieter hochkriminell vorgehen.“ Die Ursache dahinter sei jedoch, dass ein immer größerer Anteil der Pflege privatisiert werde. Die Politik müsse schärfer gegen Missbrauch vorgehen. Die Skandale zeigten, dass grundlegende Reformen nötig seien: „Die Schraube der Privatisierung muss zurückgedreht werden“. Mittlerweile würden sich „selbst Heuschrecken-Konzerne an der Pflege in Deutschland bereichern“.
Ein Kernelement sei, dass „wir einen großen Teil der Pflege wieder in kommunale Hand geben müssen“, forderte der SPD-Fraktionsvizechef. Ein anderes Problem, das abgestellt werden müsse, sei der hohe Eigenanteil von bis zu 2.500 Euro in Pflegeheimen. Dies veranlasse viele Menschen, sich an Einrichtungen zu wenden, die zwar billiger, aber oft auch unseriös seien.
Am Mittwoch hatten rund 630 Polizeibeamte und 33 Staatsanwälte mehr als 210 Wohnungen und Geschäftsräume im Raum München und Augsburg durchsucht. Pflegedienste sollen systematisch Schwächen im Kontrollsystem der Pflegeversicherung zu ihren Gunsten ausgenutzt haben. Auch der Pflegebedarf von Patienten soll teilweise künstlich erheblich aufgebauscht worden sein, um mehr Leistungen als erforderlich abrechnen zu können. Auch Patienten oder deren Angehörige sollen mitgemacht haben.
Bereits vor den Durchsuchungen sei die Staatsanwaltschaft von einem Schaden von rund 3,6 Millionen Euro ausgegangen. Insgesamt wurde gegen 13 Beschuldigte ein Haftbefehl erlassen.
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