Nachholbedarf bei interprofessionellen Fortbildungen
Köln – Die gemeinsame Fortbildung von Ärzten verschiedener Fachdisziplinen und medizinischem Fachpersonal trägt zur Kompetenz- und Leistungssteigerung bei und kommt letztlich den Patienten zugute. Darüber waren sich die Teilnehmer der sechsten Cologne Consensus Conference einig, die kürzlich in Köln stattfand.
„Interprofessionelle Fortbildung oder gemeinsames Lernen ist immer sinnvoll in allen medizinischen Situationen, in denen zusammengearbeitet wird, beispielsweise in der Notfallversorgung, Kommunikation oder Deeskalation“, erläuterte Reinhard Griebenow, Vorstandsvorsitzenden der European Cardiology Section Foundation (ECSF), in seiner Eröffnungsrede.
Manche Ländern sind weiter
„Immer dann, wenn es schnell und simultan gehen muss wie bei einer Reanimation oder im Rettungswagen, ist es völlig klar, dass die Abläufe nicht nur theoretisch, sondern auch praktisch geübt werden müssen“, betonte er. Dazu sei aber wichtig, genau zu definieren, wie die verschiedenen Berufsgruppen bei bestimmten Situationen agieren sollten und wie ihre Arbeitsaufteilung aussehe, so Griebenow.
Die Referenten wiesen auf der Veranstaltung daraufhin, dass die interprofessionelle Fortbildung von Ärzten und medizinischem Fachpersonal in manchen Ländern weiter verbreitet sei als in Deutschland. Die internationalen Gesundheitssysteme und ihre Berufsstrukturen seien aber derart unterschiedlich reguliert, dass gemeinsame „one-size-fits all“-Fortbildungsmodelle für alle Berufsgruppen oder gar deren weltweite Akkreditierung derzeit als problematisch erscheinen, so die Referenten des Symposiums.
Ein weiteres Problem der interprofessionellen Fortbildungen ist ihre Akkreditierung. Darauf wies der Vorsitzende der European Board for Accreditation in Cardiology (EBAC), Robert Schäfer, hin. Ihm sei keine europäische Partnerakkreditierungsstelle bekannt, die auf europäischer Ebene beispielsweise gemeinsame Fortbildungen für Krankenpflegekräfte oder Pharmazeuten akkreditiere, erläuterte er. EBAC könnte die Lücke füllen, die Organisation biete aber „Akkreditierung für Ärzte durch Ärzte“, so Schäfer. Andere Modelle könnten daher als Einmischung in die Fortbildung anderer Gesundheitsberufe missverstanden werden.
Dennoch ist das interprofessionelle Lernen auf dem Vormarsch: In Deutschland sieht der kürzlich verabschiedete Masterplan 2020 für die Reformierung des Medizinstudiums bereits interprofessionelle Ausbildungsinhalte vor. „In welcher Form interprofessionelle Kurse und Veranstaltungen im Medizinstudium angeboten werden und welche Berufsgruppen integriert werden, steht derzeit aber noch nicht fest und muss ausgearbeitet werden“, erläuterte Griebenow.
Interprofessionalität in der Ausbildung von Gesundheitsberufen sei äußerst wichtig, aber die Abläufe müssten praxisorientiert für die jeweilige gemeinsame Interaktion gestaltet sein. „Ein bloßes Nebeneinandersitzen im Seminar von angehenden Ärzten und anderen Berufsgruppen des Gesundheitswesens erscheint nicht sinnvoll“, so Griebenow. Er regte in seinem Vortrag die Einrichtung einer Fakultät für interprofessionelles Lernen in der Medizin an wie sie beispielsweise in England mit der Norwich Medical School Centre for Interprofessional Practice existiere.
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