Ärzteschaft

Norddeutsche Schlichtungsstelle erhält weniger Anträge wegen vermuteter Behandlungsfehler

  • Mittwoch, 22. März 2017
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Hannover – Die Schlichtungsstelle für Arzthaftpflichtfragen der norddeutschen Ärzte­kam­mern musste im vergangenen Jahr 2016 weniger Fälle bearbeiten als 2015. Für die zehn Landesärztekammerbereiche Berlin, Brandenburg, Bremen, Hamburg, Mecklen­burg-Vor­pommern, Niedersachsen, Saarland, Sachsen-Anhalt, Schleswig-Holstein und Thüringen erhielt die Schlichtungsstelle 4.070 Anträge, das entspricht einem Rückgang von rund 5,1 Prozent.

Eine weitergehende Auswertung für Niedersachsen hat die Ärztekammer des Bundes­lan­des jetzt vorgestellt. Danach hat die Schlichtungsstelle im vergangenen Jahr 813 Verfah­ren abgeschlossen. Für den Kammerbereich Niedersachsen lag der Prozentsatz der be­gründeten Ansprüche bei 28,7 Prozent der Entscheidungen. Die Auswertung der Be­handlungsorte zeigt, dass die Fälle mit 76,7 Prozent aus dem Klinikbereich stammen, während der niedergelassene Bereich mit 23,3 Prozent beteiligt war. Die am häufigsten betroffenen Fachgebiete im Klinikbereich waren die Orthopädie/Unfall­chi­rur­gie und die Allgemeinchirurgie, im niedergelassenen Bereich betrafen die häufigs­ten Anträge die Orthopädie/Unfallchirurgie und die Allgemeinmedizin.

Im Saarland legte die Kammer ebenfalls detaillierte Ergebnisse vor. Demnach lag die Quote der begründeten Ansprüche (Behandlungs- bzw. Aufklärungsfehler und Kausalität bejaht) 2015 bei 30,2 Prozent. Bei 96 Verfahren wurden 29-Mal Behandlungsfehler fest­gestellt. Die Auswertung der Behandlungsorte zeigte, dass die Fälle mit 78,5 Prozent aus der Klinik stammten, während der niedergelassene Bereich mit 21,5 Prozent beteiligt war. Die häufigsten Krankheiten, die 2015 im Saarland zur Anrufung der Schlichtungsstelle führten, waren Arthrosen, bösartige Neubildungen der Brustdrüse, sowie Unterarm- und Fußfrakturen.

„Es ist wichtig, Fehler zu erkennen und daraus zu lernen. Eine transparente Kultur der Fehleridentifizierung verbessert die Patientensicherheit“, sagte die Präsidentin der Ärztekammer Niedersachsen und Vizepräsidentin der Bundesärztekammer, Martina Wenker. Sie wies darauf hin, dass die Schlichtungsstelle für Arzthaftpflichtfragen der norddeut­schen Ärztekammern zusammen mit dem medizinischen Dienst der Kranken­kassen Fort­bildungen für ärztliche Gutachter durchführe. Außerdem stelle die Schlich­tungs­stelle der ärztlichen Aus- und Fortbildung anonymisierte Daten aus ihrer Arbeit zur Verfügung.

Die Geschäftsführerin der Schlichtungsstelle, Kerstin Kols, wies darauf hin, dass in über 85 Prozent der Verfahren in der Schlichtungsstelle ein langwieriges zivilrechtliches Klage­verfahren vermieden wird. „Schlichten statt Richten funktioniert auf hohem Niveau“, sagte Kols.

„Eine fehlerfreie Medizin wird es nie geben können. Nichts desto trotz muss jeder Scha­densfall Anlass für uns Ärzte und Ärztinnen sein, etwas besser zu machen. Weil hinter je­dem Fall in der Statistik ein Schicksal steht“, sagte Saarlands Kammerpräsident Josef Mi­scho. Er warnte bei der Diskussion über Behandlungsfehler davor, Behandlungsfehler mit Pfusch gleichzusetzen. „Wir können bei unserer Arbeit Fehler machen, Ärztinnen und Ärzte sind aber keine Pfuscher“, sagte er.

Morgen will die Bundesärztekammer bundesweite Zahlen für ganz Deutschland vorlegen.

hil/may

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