Normenkontrollrat kritisiert Länder und Krankenhäuser bei Bürokratieabbau

Berlin – Das Ziel war 2015 ehrgeizig: In 20 Handlungsempfehlungen, die der Normenkontrollrat (NKR) sowie die Selbstverwaltung im Gesundheitswesen in dem Projekt „Mehr Zeit für die Behandlung“ identifiziert hatte, sollte der bürokratische Aufwand in den Praxen von Vertragsärzten, -zahnärzten, Psychotherapeuten sowie bei Krankenkassen abgebaut werden. Jetzt, zwei Jahre später, zogen die Beteiligten eine positive Zwischenbilanz.
Die Hälfte der Handlungsempfehlungen seien bereits vollständig umgesetzt, fünf seien „in einem weit vorangeschrittenen Stadium“, weitere fünf Empfehlungen seien angestoßen worden. „Damit ist die Selbstverwaltung im Gesundheitswesen deutlich flexibler als beispielsweise staatliche Behörden“, erklärte Wolf-Michael Catenhusen, Projektverantwortlicher und Mitglied im Nationalen NKR. „Die Mühen haben sich gelohnt, der Bürokratieabbau wird ernst genommen“, sagte er weiter.
Kritik an Verweigerung der Länder
Kritisch äußerte er sich über das geringe Engagement der Krankenhäuser und der Bundesländer. Um weitere Schritte bei der Bürokratieentlastung im Gesundheitswesen zu erreichen forderte Catenhusen beide auf, „aus der Dynamik, die hier entsteht, die Konsequenzen zu ziehen.“ Die „Weigerung der Länder“ am Bürokratieabbau im Gesundheitswesen teilzunehmen, sei kein gutes Zeichen. Catenhusen stellte in Aussicht, dass der Normenkontrollrat den Ländern „helfend zur Seite stehen könnte“.
Zu den zehn umgesetzten Handlungsempfehlungen gehören die Reform der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung, das vereinfachte Antragsverfahren bei der Psychotherapie, ein einrichtungsinternes Qualitätsmanagement, die Chroniker-Bescheinigung (Muster 55) sowie das Muster zur Verordnung von medizinischer Reha. Außerdem zählen die Genehmigung zur Teilnahme an der Blankoformularbedruckung dazu, mit denen Vertragsärzte und -psychotherapeuten keine Vorräte der benötigten Vordrucke mehr in Praxen anlegen müssen, sowie elektronische Ausfüllhilfen für Formulare und ein einrichtungsinternes statt arztbezogenes Qualitätsmanagement bei Medizinischen Versorgungszentren oder Gemeinschaftspraxen.
Zu den fünf Handlungsempfehlungen, die sich noch in der Umsetzung befinden, gehören für den vertragsärztlichen Bereich die Anfragen der Krankenkassen und des MDK auf einheitlichen Vorabdrucken, die noch einer regelmäßigen Überprüfung auf Vereinfachung unterzogen werden sollen. Ebenso wurde die Verordnung von Heilmitteln bei langfristigem Bedarf vereinfacht. Weit fortgeschritten seien auch die Beratungen zur Verordnung von Krankenbeförderungen auf einem übersichtlicheren Vordruck.
Zu den Handlungsempfehlungen, die noch nicht umgesetzt wurden, gehören die vereinfachte Registrierung von Radiologie-Betrieben sowie das künftige Druckverfahren bei der Verschreibung von Betäubungsmitteln und die Doppelbescheinigungen auf Muster 20 und Muster 1 zur Bescheinigung der Arbeitsunfähigkeit während der Wiedereingliederung. Ein weiteres Thema ist die Bürokratiekosten-Abschätzung im Gemeinsamen Bundesausschuss.
Selbstverwaltung will an einem Strang ziehen
Bei der Vorstellung des Zwischenberichts bekräftigen die Beteiligten aus der Selbstverwaltung – GKV-Spitzenverband, Kassenärztliche Bundesvereinigung, Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung sowie Bundeszahnärztekammer – auch weiterhin „an einem Strang“ ziehen zu wollen und den Dialog über den Abbau von Bürokratie weiter voran zu treiben.
„Die Zeit, die Vertragsärzte und Vertragspsychotherapeuten im Kontakt mit den Patienten verbringen, ist kostbar. Deshalb bemüht sich die KBV weiterhin darum, unseren Mitgliedern durch eine Minderung des Bürokratieaufwands den Rücken freizuhalten“, sagte Thomas Kriedel, Mitglied des Vorstandes der KBV, in einer Mitteilung. Das Projekt des NKR wird in der 19. Legislaturperiode fortgeführt und geht noch bis 2021.
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