Notfallversorgung mit Steuerung entlasten

Berlin – Der immense Druck auf die Akut- und Notfallversorgung verlangt nach innovativen Steuerungslösungen. Das betonten Experten einhellig im Rahmen der zweiten „SmED User Conference“ des Zentralinstituts für die kassenärztliche Versorgung (Zi).
„Etwa jeder zehnte Versicherte wendet sich einmal pro Jahr an die Notaufnahme einer Klinik“, betonte der Zi-Vorstandsvorsitzende Dominik von Stillfried in einer Mitteilung. In den allermeisten Fällen reiche eine ambulante Behandlung aus. Auch mindestens ein Drittel der jährlich rund sechs Millionen Rettungsfahrten wäre nach Einschätzung von Expertinnen und Experten vermeidbar oder müsste nicht in eine Klinik eingeliefert werden.
Mindestens ein Drittel bis etwa die Hälfte der Patienten, die selbständig eine Notaufnahme aufsuchen, könne in einer Arztpraxis ambulant behandelt werden. Um die Notfallversorgung wirksam entlasten zu können, müssten diese Patienten sicher erkannt werden, so von Stillfried. Zudem müsse es gelingen, ihnen zeitnah adäquate alternative Versorgungsangebote zu vermitteln – etwa eine telefonische Beratung, telemedizinische Behandlung oder die Vermittlung in eine Praxis.
„Da es sich oft um Grenzfälle zwischen Akut- und Notfallversorgung handelt, benötigen diejenigen, die am Telefon, am Empfangstresen einer Notaufnahme oder im Rettungswagen mit dem Hilfeersuchen einer Patientin oder eines Patienten konfrontiert sind, strukturierte und standardisierte Entscheidungshilfen“, so von Stillfried weiter.
Das Tool SmED (Strukturierte medizinische Ersteinschätzung in Deutschland) diene in diesem Kontext dazu, möglichst keine Anzeichen potenziell gefährlicher Krankheitsverläufe zu übersehen und liefere eine unmittelbare Dokumentation der erhobenen anamnestischen Information. „Durch eine zunehmende Anzahl von Studien können wir zeigen, dass SmED als Entscheidungshilfe ein überaus hohes Maß an Sicherheit aufweist“, betonte der Zi-Chef.
Janosch Dahmen (Grüne), gesundheitspolitischer Sprecher seiner Bundestagsfraktion, bekräftigte, dass es an der Versorgungsschnittstelle zwischen ambulantem und stationärem Sektor kein Erkenntnismangel, sondern vielmehr ein Umsetzungsdefizit gebe. Zur konkreten Organisation einer zukunftsfähigen Reform der Akut- und Notfallversorgung werde man noch vor der parlamentarischen Sommerpause einen entsprechenden Gesetzentwurf vorlegen.
Ziel der Reform sei es, Doppelstrukturen zu vermeiden. Dies gelinge nur, wenn alle Beteiligten die ihnen in einer vernetzten Struktur zugedachten Aufgaben verbindlich übernehmen. Dies verlange zusätzliche Anstrengungen, werde aber im Ergebnis dadurch belohnt, dass eine erhebliche Anzahl vermeidbarer Krankenhausbelegungstage ausgabenwirksam eingespart werden könne. Dahmen zeigte sich zuversichtlich, dass dieses wichtige Reformpaket noch in diesem Jahr vom Bundestag beschlossen werden könne.
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