Osteoporose: Romosozumab senkt Frakturrate, aber unklare kardiovaskuläre Ereignisse in Studie
Birmingham – Eine einjährige Behandlung mit dem Sclerostin-Antikörper Romosozumab und die anschließende Weiterbehandlung mit Alendronsäure haben in einer randomisierten Vergleichsstudie im New England Journal of Medicine (2017; doi: 10.1056/NEJMoa1708322) die Häufigkeit von Wirbelfrakturen und Frakturen insgesamt gegenüber einer alleinigen Behandlung mit Alendronsäure gesenkt. Ein vermehrtes Auftreten von kardiovaskulären Ereignissen hat die US-Arzneibehörde FDA jedoch bewogen, eine Zulassung vorerst abzulehnen.
Der Antikörper Romosozumab bindet und neutralisiert die Wirkung von Sclerostin, einem Botenstoff von Osteozyten, der die Knochenbildung hemmt und den Knochenabbau fördert. Romosozumab hat die gegenteilige Wirkung. Es fördert die Bildung von neuem Knochen und simuliert damit die Auswirkungen eines 2001 entdeckten Gendefekts, der zur Sklerosteosis führt, einer seltenen Erbkrankheit mit abnormer Knochenbildung.
Die im letzten Jahr veröffentlichten Ergebnisse der FRAME-Studie hatten gezeigt, dass die monatliche Injektion von Romosozumab die Knochendichte in den Wirbeln bei postmenopausalen Frauen mit Osteoporose um 13 Prozent steigert und die Anzahl neuer Wirbelbrüche gegenüber einer Placebobehandlung um 73 Prozent senkt (NEJM 2016; 375: 1532-43).
Die an die Ergebnisse der Studie geknüpften Hoffnungen auf eine Zulassung von Romosozumab zur Behandlung der Osteoporose erfüllten sich jedoch nicht. Im Sommer lehnte die FDA einen Antrag ab. Die Behörde verwies dabei auf eine weitere Studie, deren Ergebnisse jetzt veröffentlicht wurden.
An der ARCH-Studie hatten an 317 Zentren (mit deutscher Beteiligung) 4.093 postmenopausale Frauen mit Osteoporose teilgenommen. Die eine Hälfte erhielt im ersten Jahr monatliche subkutane Injektionen mit Romosozumab (Dosis 210 mg), im zweiten Jahr wurde die Behandlung mit Alendronsäure (70 mg/Woche) fortgesetzt. Die andere Gruppe wurde von Anfang an mit Alendronsäure (70 mg/Woche) behandelt. Primärer Endpunkt war zum einen die kumulative Inzidenz von neuen Wirbelbrüchen und zum anderen die kumulative Inzidenz von klinischen Frakturen – non-vertebrale und symptomatische vertebrale Wirbelfrakturen.
In beiden Endpunkten überzeugte Romosozumab: In der „Romosozumab-gefolgt-von-Alendronsäure“-Gruppe kam es bei 127 von 2.046 Patientinnen zu Wirbelfrakturen (6,2 Prozent) in der „Alendronsäure-gefolgt-von-Alendronsäure"-Gruppe traten bei 2.047 Patienten 243 Wirbelbrüche auf (11,9 Prozent). Kenneth Saag von der Universität von Alabama in Birmingham ermittelt einen relativen Rückgang um 48 Prozent. Die Risk Ratio betrug 0,52 und war mit einem 95-Prozent-Konfidenzintervall von 0,40 bis 0,66 hoch signifikant.
Die Gesamtzahl der klinischen Frakturen sank von 13,0 Prozent (266 von 2.047 Patienten) auf 9,7 Prozent (198 von 2.046 Patienten). Dies entspricht einem Rückgang um 27 Prozent (Hazard Ratio 0,73; 0,61-0,88).
Diese günstigen Ergebnisse wurden jedoch überschattet von einem Anstieg kardiovaskulärer Ereignisse: Im ersten Jahr erlitten unter der Behandlung mit Romosozumab 50 von 2.040 Patienten (2,5 Prozent) ein schweres kardiovaskuläres Ereignis (Herzinfarkt, Schlaganfall). Unter der Behandlung mit Alendronsäure waren nur 38 von 2.014 Patienten (1,9 Prozent) betroffen.
Es ist derzeit unklar, was die kardiovaskulären Ereignisse verursacht hat. Die Erklärungen reichen von einer Schutzfunktion von Sklerosin in den Blutgefäßen bis zu einer gefäßprotektiven Wirkung von Alendronsäure, die zu einem scheinbaren Anstieg kardiovaskulärer Ereignisse geführt haben könnte. Das Fehlen des Sicherheitssignals in der FRAME-Studie spricht für die zweite Erklärung. Die FDA will vor einer endgültigen Entscheidung die Ergebnisse der BRIGE-Studie abwarten, die derzeit die Wirkung von Romosozumab bei Männern mit Osteoporose untersucht.
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