Ostfriesen lehnen Zentralklinik ab

Aurich/Emden – Bei einem Bürgerentscheid in Ostfriesland haben sich die Menschen gestern gegen den Bau einer Zentralklinik ausgesprochen. Zwar stimmten die Wahlberechtigten im Landkreis Aurich für das neue Krankenhaus, in der Stadt Emden stieß das Vorhaben jedoch auf Ablehnung, was für das Scheitern des Projekts ausreichte.
Damit bleiben die Kliniken in Emden, Aurich und Norden bestehen, wie die beteiligten Kommunen am Abend mitteilten. Rund 200.000 Menschen waren zur Teilnahme an dem Bürgerentscheid aufgerufen.
Im Landkreis Aurich (Beteiligung 48,5 Prozent) stimmten etwa 45,5 Prozent der Menschen für den Erhalt ihres Krankenhauses, in Emden (Beteiligung 43,6 Prozent) sprachen sich dagegen knapp 62 Prozent dafür aus. Das Ergebnis der Bürgerentscheides ist für die Politik bindend. Jedoch wird nun mit Einschnitten an den jeweiligen Klinikstandorten gerechnet.
Nach bisherigen Plänen sollte der Neubau für rund 250 Millionen Euro im Ort Georgsheil entstehen, dem geografischen Mittelpunkt zwischen den drei Städten. Das Projekt war aber seit Langem hoch umstritten. Abstimmen konnten die Bürger in der Stadt Emden und im Kreis Aurich, wozu auch die Stadt Norden gehört, in zwei voneinander getrennten Bürgerentscheiden.
Reaktionen unterschiedlich
In der Region hat das Scheitern der geplanten Klinikfusion ein gemischtes Echo hervorgerufen. Ein Sprecher der Stadt Emden bedauerte heute den Ausgang des Bürgerentscheids, er befürchtet negative Folgen für die drei bestehenden Krankenhausstandorte. Hingegen sagte der Bürgermeister von Norden, Heiko Schmelzle (CDU), eine Zentralisierung hätte deutlich negative Folgen für die Notfallversorgung in der Region gehabt.
Hintergrund der Fusionspläne sei die defizitäre Situation der drei Krankenhäuser gewesen, sagte Emdens Sprecher Eduard Dinkela. Welche Folgen das Scheitern des Zentralklinikums habe, stehe zwar noch nicht fest. „Es wird darauf hinauslaufen, dass man in den Häusern sparen muss“, sagte der Sprecher aber.
Hingegen sagte Bürgermeister Schmelzle, dass die Versorgungsqualität der bestehenden Häuser sehr gut sei. „Jetzt muss alle Kraft darauf verwendet werden, dass die bestehenden Standorte gestärkt werden“, sagte er. „Aus meiner Sicht müssten sich die Krankenhäuser weiter spezialisieren.“ Die drei Standorte sollten auch Kooperationen mit anderen Krankenhäusern im Raum Oldenburg suchen.
Die drei Krankenhäuser sind bereits in einer gemeinsamen Krankenhausholding zusammengefasst, deren Gesellschafter die Stadt Emden und der Landkreis Aurich sind. Geschäftsführer Claus Eppmann sagte, dass sich am Mittwoch der nächsten Woche zunächst der Aufsichtsrat mit der neuen Situation befassen müsse. „Die Gesellschafter müssten zunächst klären, ob die drei Häuser unter einem Dach bleiben sollen“, sagte Eppmann. Erst nach der Klärung der künftigen Trägerstruktur könne es Überlegungen zur weiteren Entwicklung geben.
Landesregierung: Kein „Weiter so“ möglich
Die niedersächsische Gesundheitsministerin Cornelia Rundt (SPD) forderte, dass für die Region ein neues Versorgungskonzept erarbeitet werden müsse. „Wir als Land werden diese Entwicklung einer neuen Struktur unterstützen, denn die medizinische Versorgung der Bürgerinnen und Bürger hat Priorität“, sagte sie. Das Land respektiere, dass sich die Bürger gegen ein Zentralklinikum entschieden hätten. Aber ein „Weiter so“ könne es nicht geben, die Krankenhausversorgung in Aurich, Emden und Norden müsse zukunftsfest aufgestellt und aufeinander abgestimmt werden.
Der CDU-Landtagsfraktionschef Reinhold Hilbers sieht das Ergebnis als weiteres Zeichen dafür, dass die rot-grüne Krankenhauspolitik gescheitert ist. „Regelmäßig stocken einberufene Gespräche, Misserfolg reiht sich an Misserfolg. Unter Rot-Grün ist die Weiterentwicklung einer wohnortnahen, verlässlichen Krankenhausversorgung in Niedersachsen stecken geblieben“, sagte er.
Der CDU-Fraktionsvize forderte, dass Rot-Grün steuernd bei der Krankenhausstruktur eingreife und für planerische Verlässlichkeit sorge. „SPD und Grüne müssen aufhören, bei der Krankenhausversorgung auf Dirigismus zu setzen und Freiheiten zulassen. Andernfalls ist die flächendeckende medizinische Versorgung durch Krankenhäuser in Niedersachsen gefährdet.“
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