Ozempic: Bundesbehörde schaltet sich wegen Fälschungen ein

Bonn – Nachdem im Großhandel Fälschungen des Diabetesmedikaments Ozempic aufgetaucht sind, hat sich das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) eingeschaltet und Deutschlands Apotheken zur vorsorglichen Überprüfung der bei ihnen befindlichen Präparate aufgerufen.
Man habe die Koordination im Falle des gefälschten Diabetesarzneimittels Ozempic übernommen, da mittlerweile mehrere Bundesländer aktiv in den Fall eingebunden seien, teilte die Behörde mit. Damit liege die Federführung nicht mehr bei den betroffenen Länderbehörden.
Beim Arzneimittel Ozempic des Herstellers Novo Nordisk A/S waren auf Ebene des Großhandels Fälschungen bei Packungen der Stärke 1 mg in deutscher Aufmachung identifiziert worden. Aufgrund der möglichen erheblichen Gesundheitsgefährdung, die von den Fälschungen ausgehen könnten, dürften betroffene Packungen nicht angewendet werden, betonte das BfArM.
Die Behörde wies alle pharmazeutischen Unternehmen, Großhändler sowie Apotheken an, alle Packungen des Arzneimittels Ozempic „mit größter Sorgfalt zu prüfen“. Packungen, die einen Alarm im Securpharmsystem auslösten, das zum Schutz vor Arzneimittelfälschungen eingeführt worden sei, oder die in anderer Weise auffällig seien, dürften nicht abgegeben werden. Sie müssten umgehend in Quarantäne genommen und die zuständigen Überwachungsbehörden informiert werden.
Die Umverpackung des Arzneimittels sind den Angaben des BfArM zufolge „nur schwer beziehungsweise nicht vom Original zu unterscheiden“. Die Fälschung sei jedoch optisch leicht an der Primärverpackung zu erkennen. Alle Apotheken seien daher angehalten, bis auf Weiteres alle Packungen vor Abgabe zu öffnen und die Primärverpackungen abzugleichen.
Auf den Fotos der Behörde ist der Originalstift hellblau und die Fälschung dunkelblau, zudem ist die Bauweise verschieden. Bei der Originalspritze ist etwa der Injektionsknopf am Ende der Spritze grau, bei der Fälschung ist er blau.
Derzeit könne nicht ausgeschlossen werden, dass noch weitere Packungen auch mit anderen Wirkstärken betroffen sein könnten, hieß es weiter von der Behörde. Bisher lägen aber keine Erkenntnisse vor, dass Patienten Fälschungen bekommen hätten, teilte BfArM mit.
Die Untersuchungen zu diesem Fall sind den Informationen zufolge nicht abgeschlossen. Die Polizeibehörden sind informiert. Das BfArM steht nach eigenen Aussagen in engem Kontakt mit den Landesbehörden, die in Deutschland für die Überwachung des Verkehrs mit Arzneimitteln zuständig sind, und den Behörden im Ausland sowie der Europäischen Arzneimittelagentur (EMA).
Im Zentrum der Ermittlungen steht derzeit ein Pharmagroßhändler im Südwesten Baden-Württembergs. Es gebe den Verdacht, dass das Unternehmen mit den Fälschungen gehandelt habe, teilte die Zweigstelle Lörrach der Staatsanwaltschaft Freiburg mit.
199 Packungen kamen laut einer Anzeige des Regierungspräsidiums Freiburg ursprünglich von einem österreichischen Großhändler und seien Anfang September 2023 an einen weiteren Pharmahändler in Großbritannien geliefert worden. Dort seien die Arzneimittel als gefälscht erkannt worden.
Das Regierungspräsidium hatte Ende vergangener Woche vor den mutmaßlich gefälschten Präparaten gewarnt. Von den Fälschungen gingen mit hoher Wahrscheinlichkeit „erhebliche Gesundheitsgefahren“ aus. Es sei nicht auszuschließen, dass sich mehrere gefälschte Packungen in Deutschland im Vertrieb befänden, berichtete das Regierungspräsidium. Es lägen zudem Hinweise vor, dass die Lieferkette auch andere Staaten betreffe.
Ob der Pharmagroßhändler im Südwesten das mutmaßlich gefälschte Medikament auch in Deutschland in Verkehr gebracht oder an dortige Unternehmen geliefert habe, werde noch ermittelt, berichtete nun die Staatsanwaltschaft.
Dabei gehe es auch um die genauen Vertriebswege und innerbetriebliche Verantwortlichkeiten. In dem Fall laufe ein Ermittlungsverfahren – der Name des Unternehmens oder dessen genauer Sitz wurden nicht genannt. „Die strafrechtlichen Ermittlungen werden voraussichtlich einige Zeit in Anspruch nehmen“, hieß es in der Mitteilung.
„Ozempic“ ist ein auf dem Wirkstoff Semaglutid basierendes Präparat des Herstellers Novo Nordisk. Es ist in Deutschland als Diabetesmedikament zugelassen. Der Wirkstoff kann aber auch als Abnehmmittel insbesondere bei stark übergewichtigen Menschen eingesetzt werden.
In Deutschland können Ärzte zu diesem Zweck seit Sommer das Semaglutid-haltige Medikament „Wegovy“ von Novo Nordisk verschreiben. Der Wirkstoff ist auch deshalb breiter bekannt, weil einige Promis damit abgenommen haben wollen. Novo Nordisk teilte bereits vor einigen Tagen mit, dass es einen deutlichen Anstieg an illegalen Onlineverkäufen gebe.
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