Patientenbefragung in Notaufnahmen zeigt hohe subjektive Dringlichkeit der Beschwerden

Berlin – Die meisten Patientinnen und Patienten, die auf eigene Entscheidung in die Notaufnahme eines Krankenhauses kommen, schätzen ihren Gesundheitszustand als kritisch ein. Das zeigt eine Umfrage des Zentralinstituts für die kassenärztliche Versorgung (Zi) gemeinsam mit zahlreichen Projektpartnern in bayerischen Notaufnahmen. Die Untersuchung ist in der Fachzeitschrift Notfall+Rettungsmedizin erschienen (2025; DOI: 10.1007/s10049-025-01660-y).
Danach schätzen sich 88 Prozent der Befragten selbst als „dringlich“ oder als „Notfall“ ein. Rund 63 Prozent der Befragten hatten sich entweder selbst entschieden, die Notaufnahme aufzusuchen, oder waren von Freunden, Bekannten, Kollegen oder anderen nichtmedizinischen Stellen dazu angehalten worden.
Nur etwa ein Fünftel (19,8 Prozent) der Befragten war der Meinung, dass ihr Anliegen auch vertragsärztlich hätte behandelt werden können. Knapp 40 Prozent der befragten Patientinnen und Patienten hatten vor der Konsultation der Notaufnahme versucht, eine haus- oder fachärztliche Praxis zu kontaktieren. Dabei wurden oftmals Terminprobleme oder Nichterreichbarkeit als Hürden genannt.
„Die Studienergebnisse legen nahe, dass die wahrgenommene Schwere der gesundheitlichen Beeinträchtigung und gesundheitsbezogenen Ängste eine große Rolle bei der subjektiven Dringlichkeitseinschätzung spielen“, sagte der Zi-Vorstandsvorsitzende Dominik von Stillfried.
Dies unterstreiche, wie wichtig eine strukturierte Steuerung beim Zugang zur Notaufnahme sei. „Denn nicht immer entspricht die subjektive Wahrnehmung der Hilfesuchenden der medizinischen Dringlichkeitsbewertung“, so Stillfried.
Ein nicht unerheblicher Anteil der Hilfesuchenden komme auch nach einem vertragsärztlichen Kontakt in die Notaufnahme. In solchen Fällen sei oftmals der Wunsch nach spezialisierter Versorgung ein wesentliches Motiv, sich selbst in einer Notaufnahme vorzustellen, so der Zi-Vorsitzende.
Die Servicenummer 116117 war 61,8 Prozent der Befragten bekannt. Unbekannt war 34,8 Prozent der Studienteilnehmenden, dass der ärztliche Bereitschaftsdienst über diese Rufnummer zu erreichen ist, und 76,8 Prozent, dass über die Nummer auch Termine in Arztpraxen vermittelt werden können.
Rund ein Viertel der Befragten (23,7 Prozent) zeigte sich offen dafür, eine strukturierte digitale Selbsteinschätzung vorzunehmen. Rund 90 Prozent davon hätten ein auf dieser Basis angebotenes Terminangebot in einer Praxis angenommen.
„Die Studie ist für die geplante Reform der Akut- und Notfallversorgung hochaktuell“, bewertete Stillfried die Ergebnisse der Befragung. Die telefonischen und digitalen Angebote des Patientenservice der Kassenärztlichen Vereinigungen könnten durch Terminvermittlung und Beratung Patientenströme lenken, wenn klar sei, dass ein solcher Kontakt vor dem Aufsuchen einer Notaufnahme notwendig sei.
Die Befragung erfolgte in 18 bayerischen Notaufnahmen vom 3. September bis zum 29. November des vergangenen Jahres. Im Erhebungszeitraum suchten insgesamt 34.572 Patientinnen und Patienten die beteiligten Notaufnahmen auf. Von diesen wurden 9.744 zur Teilnahme an der Befragung angesprochen. 7.527 Patienten erklärten sich bereit, an der Befragung teilzunehmen.
Diskutieren Sie mit
Werden Sie Teil der Community des Deutschen Ärzteblattes und tauschen Sie sich mit unseren Autoren und anderen Lesern aus. Unser Kommentarbereich ist ausschließlich Ärztinnen und Ärzten vorbehalten.
Anmelden und Kommentar schreiben
Bitte beachten Sie unsere Richtlinien. Der Kommentarbereich wird von uns moderiert.
Diskutieren Sie mit: