Politik

Personalnot in Krankenhäusern nimmt weiter zu

  • Freitag, 27. Dezember 2019
Klinikgang /dpa
/dpa

Berlin – Die Personalnot in deutschen Kliniken nimmt weiter zu und zwar in der Pflege wie auch bei den Ärzten. Nach einer aktuellen Befragung des Deutschen Krankenhausinstituts (DKI), die dem Tagesspiegel vom Freitag vorliegt, haben inzwischen vier von fünf Krankenhäusern Probleme, offene Pflegestellen zu besetzen. Bundesweit seien 17 000 Pflegestellen offen.

Bei den Ärzten sieht es nach diesem Bericht nicht viel besser aus. 76 Prozent der fast 2.000 Kliniken im Land bemühten sich derzeit, Mediziner für vakante Posten zu finden. Die Folgen des Fachkräftemangels: In jedem dritten Haus mussten dem Bericht zufolge zeitweise Intensivbetten gesperrt und Fachbereiche von der Notfallversorgung abgemeldet werden.

Die Zahlen stammen nach Angaben der Zeitung aus dem neuen Krankenhaus-Barometer des DKI. Sie verdeutlichten, „welch ungeheurer Handlungsdruck besteht, um mehr Menschen für den Pflegeberuf zu begeistern“, sagte der Präsident der Deutschen Krankenhaus­gesellschaft (DKG), Gerald Gaß, der Zeitung. Die Politik müsse „dringend wirksame Gegenmaßnahmen zur Entlastung des Personals ergreifen, sonst steuern wir auf eine ernste Versorgungskrise hin“.

Personalnotstand liegt am gewollten Kostenwettbewerb

Die Vorsitzende des Marburger Bundes, Susanne Johna, kritisierte: „Der Personalnotstand in den Krankenhäusern ist nicht vom Himmel gefallen. Er hat seine Ursache in einem politisch gewollten Kostenwettbewerb und einer ständig steigenden bürokratischen Überlast. Hier ist die Politik gefordert, endlich für bessere Rahmenbedingungen zu sorgen.“ Wer die Realität in den Kliniken erlebe, wisse schon längst, welche Folgen der Personalnotstand für die Beschäftigten und die Patienten habe. „Die Arbeitsbedingungen müssen sich dringend verbessern. Nur dann werden Pflegende und Ärzte für vakante Stellen gewonnen werden können.“

Der Vorstand der Deutschen Stiftung Patientenschutz, Eugen Brysch, verlangte „eine Konzertierte Aktion für die Zukunft der Krankenhäuser in Deutschland“. Denn „den Notstand haben viele zu verantworten. So geben die Bundesländer seit Jahren kaum etwas für die Instandhaltung und Modernisierung der Häuser aus“, sagte er der Deutschen Presse-Agentur. Auch gehe die Einrichtung zusätzlicher Studienplätze nur schleppend voran. „11 000 Studienplätze reichen nicht aus. Wir brauchen 6000 mehr.“

Bundesgesundheitsminister Jens Spahn hielt er vor, dem „ungeordneten Sterben“ der Krankenhäuser zuzusehen. „Dabei gilt es, den ländlichen Raum zu stärken, die Über­versorgung der Ballungszentren zu regulieren. Im Übrigen würden immer mehr alte und chronisch kranke Menschen versorgt werden müssen. „Das wird Geld kosten.“ Aber „eine bundesweite strategische Finanzenplanung fehlt“.

Brysch forderte neue Konzepte: „So könnte die Deckelung der Beiträge für Kranken­versicherung abgeschafft werden.“ Für 2020 liegt die Einkommensgrenze bei monatlich 4.687 Euro. Auf höher liegende Einkommen werden keine Beiträge gezahlt. Aber auch die Krankenhäuser selbst tragen Mitschuld an der Situation in der Pflege. Es rächt sich, dass in den letzten Jahren keine zusätzlichen Stellen geschaffen worden sind.

Personalmnagel führt zu höherer Sterblichkeit

Der SPD-Gesundheitspolitiker Karl Lauterbach sagte dem Tagesspiegel vom Samstag, der Mangel an Pflegekräften und Ärzten an deutschen Kliniken werde zur Gefahr für das Wohl der Patienten. Der Mangel an Ärzten führe dazu, dass Klinikpatienten nicht mehr in jedem Fall eine angemessene Behandlung bekämen. „Und infolge des Personalnotstands bei den Pflegekräften steigt erwiesenermaßen die Sterblichkeit der Patienten.“

Lauterbach forderte neben einer besseren Bezahlung von Pflegekräften die schnelle Einführung einer 35-Stunden-Woche bei vollem Lohnausgleich. Die Pläne von Gesund­heitsminister Jens Spahn (CDU), Pflegekräfte aus dem Ausland anzuwerben, würden nicht zu einer deutlichen Verbesserung der Situation führen. Lauterbach sprach sich dafür aus, ab jetzt 5.000 zusätzliche Medizinstudenten zuzulassen. „Wir brauchen jetzt eine konzertierte Aktion der großen Koalition, um die Misere an den Kliniken zu beheben.“

dpa

Diskutieren Sie mit:

Diskutieren Sie mit

Werden Sie Teil der Community des Deutschen Ärzteblattes und tauschen Sie sich mit unseren Autoren und anderen Lesern aus. Unser Kommentarbereich ist ausschließlich Ärztinnen und Ärzten vorbehalten.

Anmelden und Kommentar schreiben
Bitte beachten Sie unsere Richtlinien. Der Kommentarbereich wird von uns moderiert.

Es gibt noch keine Kommentare zu diesem Artikel.

Newsletter-Anmeldung

Informieren Sie sich täglich (montags bis freitags) per E-Mail über das aktuelle Geschehen aus der Gesundheitspolitik und der Medizin. Bestellen Sie den kostenfreien Newsletter des Deutschen Ärzteblattes.

Immer auf dem Laufenden sein, ohne Informationen hinterherzurennen: Newsletter Tagesaktuelle Nachrichten

Zur Anmeldung